Im vorliegenden Artikel wird der Inhalt des Urteils des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) in der Angelegenheit C-147/19 behandelt. Die Streitparteien in diesem Rechtsstreit sind zum einen die Körperschaften „Gestión de Derechos Intelectuales (AGEDI)“ und „Artistas, Intérpretes o Ejecutantes, Sociedad de Gestión de España (AIE)“ und andererseits die beklagte Partei „Atresmedia Corporación de Medios de Comunicación, S.A. (Atresmedia)“.

Die klagende Partei verlangt von der beklagten Partei eine Entschädigung für Handlungen zur öffentlichen Wiedergabe und Vervielfältigung von synchronisierten Tonträgern in Filmen, die in den Fernsehkanälen im Eigentum von Atresmedia ausgestrahlt wurden. Die beklagte Partei ihrerseits lehnt es ab, dafür einen Betrag zu zahlen, da sie der Ansicht ist, dass ein Tonträger kein Tonträger mehr ist, sobald er synchronisiert (und in ein Werk eingeschlossen) wurde, während er zusammen mit dem audiovisuellen Werk ausgebeutet wird, zu dem er gehört, das heißt, nicht auf unabhängige Weise.

Um diese Streitfrage zu lösen, legte der Oberste Gerichtshof von Spanien dem EuGH zur Vorabentscheidung zwei Fragen vor:

  • Wie sollte man das Konzept „Wiedergabe eines Tonträgers, der zu kommerziellen Zwecken veröffentlicht wurde“ des Artikels 8 der Richtlinie 2006/115 vom 12. Dezember 2006 interpretieren, und insbesondere, ob darin der Fall eingeschlossen ist, wenn ein Tonträger zu finanziellen Zwecken wiedergegeben wird, der in einer audiovisuellen Aufnahme in einem audiovisuellen Werk fixiert (eingegliedert) ist.
  • Und falls ja, ob sich daraus die Verpflichtung zu einer Zahlung einer einzigen und angemessenen Vergütung für diejenigen ergibt, die diese Handlungen der öffentlichen Wiedergabe durchführen.

Atresmedia erfüllte die Anforderungen zur Genehmigung und zur Zahlung der Vergütung an den Urheber, um dessen Werk (Tonträger) in das entsprechende audiovisuelle Werk einzugliedern. Es bleibt jedoch die Frage bestehen, ob die Tatsache, dass ein audiovisuelles Werk, das diesen Tonträger enthielt, und das von Atresmedia öffentlich wiedergegeben wird, zu Vergütungsrechten für die Urheber des Tonträgers führt.

Die erste Frage, die der EuGH zu lösen hat, ist, ob es sich überhaupt um einen Tonträger handelt oder nicht. Das hohe Gericht kommt nach der Analyse von Rechtsvorschriften wie dem Rom-Abkommen von 1961, in dem festgelegt wird, dass ein Tonträger jegliche „ausschließlich klangliche“ Fixierung der Töne einer Darbietung oder anderer Töne ist, zu dem Schluss, dass man unter Tonträger nicht die Fixierung von Bildern und Klängen zu verstehen hat, da diese nicht „ausschließlich“ klanglich ist. Der Tonträger bleibt ein Tonträger, aber wenn er synchronisiert oder in ein audiovisuelles Werk eingeschlossen ist, sowie zu den Zwecken der Ausbeutung dieses Werks wird er nicht als solcher betrachtet. All dies unbeschadet der Rechte, die der Urheber des Tonträgers weiterhin hat, falls dieser unabhängig von dem audiovisuellen Werk benutzt wird.

Die Kontroverse setzt sich in Bezug auf das Konzept der Wiedergabe eines Tonträgers im Artikel 8.2 der Richtlinie fort, der wie folgt lautet: „Laut der Mitgliedsstaaten ist der Benutzer eines Tonträgers, der zu kommerziellen Zwecken veröffentlicht wurde, oder der Benutzer einer Vervielfältigung dieses Tonträgers, die im Rundfunk oder mit jeglichem anderen öffentlichen Kommunikationsmittel benutzt wird, dazu verpflichtet, eine einzige und angemessene Vergütung an die Künstler, Interpreten und Produzenten der Tonträger zu zahlen, zwischen denen dann die Verteilung dieser Vergütung stattfindet…“

Die Tatsache, dass ein Tonträger in ein audiovisuelles Werk integriert wird, führt dazu, dass er nicht mehr unter dem Konzept Tonträger geführt werden kann, und somit handelt es sich auch nicht mehr um eine Wiedergabe des Tonträgers. Deshalb kommt der EuGH zu dem Schluss, dass der Artikel 8, Absatz 2 der Richtlinie 2006/115 nicht von dem Benutzer verlangt, dass er eine „angemessene und einzige“ Vergütung an den oder die Inhaber der Rechte auf den Tonträger zahlen muss, wenn dieser ein audiovisuelles Werk integriert ist, das Gegenstand der „öffentlichen Verbreitung“ ist. Er gibt somit der beklagten Partei Recht.

 

 

Jaime Madero

Vilá Abogados

 

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3. Dezember 2020