Anlässlich seiner Rede zur Lage der Union 2016 erklärte Präsident Juncker: „Ich möchte, dass Journalisten, Verleger und sonstige Urheber eine faire Vergütung für ihre Arbeit erhalten, unabhängig davon, ob sie in Studios oder zuhause arbeiten, ob die Ergebnisse ihrer Arbeit im Internet oder offline verbreitet werden, ob sie mit einem Kopiergerät vervielfältigt oder kommerziell im Internet verlinkt werden.“.

Der Präsident hat damit auf eine wichtige Problematik hingewiesen, derer sich die Kommission annehmen will. Sie hat am 14.09.2016 Vorschläge vorgelegt, die zu einer Modernisierung des Urheberrechts führen sollen. Das Ziel ist eine Anpassung des Urheberrechts an die neuen Technologien, insbesondere im Hinblick auf die Pläne der Kommission für den Digitalen Binnenmarkt.

Die Kommission macht es sich zur Mission, die kulturelle Vielfalt in Europa und die Verfügbarkeit von Inhalten über das Internet zu fördern. Zu diesem Zweck sollen klare Regeln für alle Internet-Akteure festgelegt werden. Zudem beinhalten die Vorschläge Instrumente für Einführung von Innovationen in den Bereichen der Bildungs- und Forschungseinrichtungen und Einrichtungen des Kulturerbes.

Die neuen Technologien werden repräsentiert durch Online-Dienste, wie Musikstreaming, Plattformen für das Abrufen von Videos (Video on Demand), sowie Nachrichtenaggregatoren, welche von den Verbrauchern zunehmend genutzt werden. In Anbetracht der Strategie, welche die Kommission für den Digitalen Binnenmarkt verfolgt, gilt es nun, die Verfügbarkeit der erwähnten Medien für die Verbraucher grenzübergreifend innerhalb der Europäischen Union zu ermöglichen. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen Regeln aufgestellt werden, welche Klarheit und Rechtssicherheit für alle Beteiligten bieten.

Die von der Kommission verabschiedeten Vorschläge zielen ab auf:

– mehr Auswahl und leichteren, grenzüberschreitenden Zugang hinsichtlich der Inhalte im Internet

– ein verbessertes Urheberrecht bezüglich Bildung, Forschung, Kulturerbe und Eingliederung von Menschen mit Behinderung

– einen gerechteren und nachhaltigen Markt für Urheber, die Kultur- und Kreativwirtschaft und die Presse.

Andrus Ansip, der für den Digitalen Binnenmarkt zuständige Vizepräsident der Kommission, äußerte sich hierzu wie folgt: „Die europäischen Bürger wollen über die Grenzen hinweg Zugang zu den reichen und vielfältigen Kulturgütern Europas haben. Mit unserem Vorschlag wird sichergestellt, dass mehr Inhalte verfügbar sein werden, da das europäische Urheberrecht der neuen digitalen Welt angepasst wird. Europäische Kreativinhalte sollten nicht unzugänglich sein, müssen aber umfassend geschützt werden, insbesondere um bessere Vergütungsmöglichkeiten für die europäischen Urheber zu erreichen. Wir haben versprochen, alle unsere Initiativen zur Schaffung eines digitalen Binnenmarktes bis zum Ende des Jahres vorzulegen, und wir halten unsere Versprechen. Ohne einen reibungslos funktionierenden digitalen Binnenmarkt wird es weniger Kreativität, Wachstum und Arbeitsplätze geben.“

Zwar nutzt fast die Hälfte der Nutzer in der EU das Internet zum Musikhören, für Online-Spiele, sowie zum Anschauen von Filmen und Serien, jedoch ist es für Rundfunkanstalten und andere Unternehmen nach wie vor problematisch, ihre Inhalte auch EU-länderübergreifend anzubieten, da die die Rechte betreffenden Fragen schwer zu klären sind. Ebenso feststellbar ist diese Hemmung der digitalen Innovation in den gesellschaftlich und wirtschaftlich relevanten Bereichen Bildung, Forschung und kulturelles Erbe. Die Schwierigkeit der Nutzung urheberrechtlich geschützter Inhalte, auch grenzüberschreitend, führt zudem häufig dazu, dass Urheber, sonstige Rechteinhaber und Presseverleger nicht in der Lage sind, die Bedingungen und Vergütungen für die Online-Nutzung ihrer Werke und Darbietungen auszuhandeln.

Der EU-Kommissar für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft, Günther Oettinger erklärte: „Unsere Kreativwirtschaft wird von diesen Reformen profitieren. Mit ihnen bewältigen wir die Herausforderungen des Digitalzeitalters und bieten den europäischen Verbrauchern eine größere Auswahl an Inhalten. Die von uns vorgeschlagenen urheberrechtlichen Rahmenbedingungen sind stimulierend und gerecht und Investitionen werden belohnt.“

Um den bis heute aufkommenden Beschränkungen und der Rechtsunsicherheit entgegenzuwirken, enthalten die vorgelegten Vorschläge drei Schwerpunkte:

  1. Eine Erweiterung der Auswahl und Erleichterung des Zugangs zu Inhalten im Internet und grenzüberschreitend

Es soll ein rechtlicher Mechanismus für Rundfunkveranstalter eingeführt werden, der es diesen erleichtern soll, die Genehmigungen, die sie von den Rechtsinhabern benötigen, um Sendungen in anderen EU-Mitgliedsstaaten über das Internet bereitzustellen, zu erlangen. Diese Erleichterung betrifft beispielsweise Dienste wie AtresPlayer in Spanien oder die ZDF Mediathek in Deutschland.

Zudem erleichtern die neuen Vorschriften auch den Anbietern von Programmbouquets (z.B. Movistar+ in Spanien oder IPTV Entertain der Deutschen Telekom) die Erlangung der notwendigen Genehmigungen.

Um den Abschluss von Lizenzvereinbarungen zwischen den Inhabern von Rechten an audiovisuellen Werken und den Plattformen für Videoabruf zu erreichen, werden die Mitgliedsstaaten aufgefordert, Verhandlungsstellen einzurichten.

Zur Erleichterung des Zugangs zu Europas reichem kulturellem Erbe wird es Museen, Archive und andere Einrichtungen ermöglicht, vergriffene Werke zu digitalisieren und grenzüberschreitend verfügbar zu machen. Die Kommission wird außerdem mehr finanzielle Mittel zur Unterstützung der Verbreitung kreativer Inhalte über Grenzen hinweg nutzen.

  1. Eine Verbesserung des Urheberrechts im Hinblick auf Forschung, Bildung und die Eingliederung von Menschen mit Behinderung

Die vorhandenen urheberrechtlichen Beschränkungen erschweren den Einsatz von digitalen Materialien und Technologien für Unterricht und Lernen. Die Kommission schlägt diesbezüglich eine Ausnahmeregelung für die Verwendung von Materialien in digitaler Form zur Veranschaulichung im Unterricht in Bildungseinrichtungen und in Online-Kursen vor, die grenzübergreifend gelten soll.

Zudem soll es Forschern EU-weit erleichtert werden, Technologien für das Text- und Daten-Mining zur Auswertung großer Datenmengen einzusetzen.

Schließlich soll eine es weitere Ausnahmeregelung den Einrichtungen des Kulturerbes erlauben, Werke digital aufzubewahren.

Hinsichtlich der Bürger mit Behinderungen soll der Vertrag von Marrakesch durch Rechtsvorschriften zur Anwendung kommen und den blinden, sehbehinderten und anderweitig lesebehinderten Personen der Zugang zu den veröffentlichten Werken erleichtert werden.

  1. Ein gerechter und nachhaltiger Markt für Urheber, die Kultur- und Kreativwirtschaft und die Presse

Durch die Urheberrichtlinie sollen die Rechteinhaber in ihrer Stellung bei Verhandlungen gestärkt werden. Die Plattformen, die ihre Werke anbieten wollen, sollen verpflichtet werden, wirksame Technologien zu benutzen, um Lieder oder audiovisuelle Daten zu finden, deren Nutzung von den jeweiligen Rechteinhabern genehmigt oder mit Bitte um Entfernung versagt wurde.

In Anbetracht der Schwierigkeiten, denen sich Verleger bei der Lizensierung und Durchsetzung ihrer Rechte an den von ihnen digital veröffentlichten Werken ausgesetzt sehen, schlägt die Kommission die Einführung eines Schutzrechts für Verleger vor, welches dem im EU-Recht bereits existierenden Recht für Filmproduzenten, Tonträgerhersteller und andere Akteure der Kultur- und Kreativwirtschaft entspricht. Hierdurch wird die Verhandlungsposition der Verleger gestärkt und die Bekämpfung von Piraterie erleichtert.

Der Richtlinienentwurf beinhaltet zudem die Verpflichtung von Verlegern und Produzenten zu Transparenz hinsichtlich der Aufklärung der Urheber oder ausübenden Künstler über die Gewinne, die mit ihren Werken erzielt wurden. Mithilfe dieser Transparenz und einem neuen Mechanismus soll den Urhebern und Künstlern dabei geholfen werden, eine faire Vergütung zu erhalten.

Die von der Kommission angestrebten Maßnahmen sollen die Verfügbarkeit des europäischen Kulturschatzes verbessern und den Bürgern sowohl die Kulturen der anderen EU-Länder näherbringen, als auch ihnen den Kontakt zu ihren Heimatländern erhalten, wenn sie im europäischen Ausland leben.

 

 

Pina Pohl

Vilá Abogados

 

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21. Oktober 2016