Jede spanische Gesellschaft mit beschränkter Haftung (auf Spanisch: “sociedad de responsabilidad limitada” oder “S.L.”) wird von einem Verwaltungsorgan geleitet und vertreten, das aus einem Alleinverwalter, mehreren Verwaltern mit Einzelbefugnis, mehreren Verwaltern mit gemeinsamer Vertretungsmacht oder einem Verwaltungsrat bestehen kann.

Bei der Gründung einer Gesellschaft müssen die Gründungsgesellschafter die Art des Verwaltungsorgans festlegen, das die Verwaltung der Gesellschaft leiten soll. Sobald die Gesellschaft gegründet ist, wird sie ihre Tätigkeit unter der Leitung ihrer Geschäftsführer aufnehmnen. Nach der Gründung der Gesellschaft können die Gesellschafter jedoch zu einem späteren Zeitpunkt beschließen, die Mitglieder des Verwaltungsorgans durch andere Mitglieder zu ersetzen (unter Beibehaltung desselben Verwaltungssystems) oder das bestehende Verwaltungssystem zu ändern (z. B. von einem einzigen Geschäftsführer zu zwei Verwaltern mit Einzelbefugnis), sofern dies nicht gegen die Satzung oder die Bestimmungen des geltenden Gesetzes verstößt.

Es ist üblich, dass die Gesellschafter einer Gesellschaft (oder gegebenenfalls der Alleingesellschafter) zu einem bestimmten Zeitpunkt beschließen, das Verwaltungssystem zu ändern, indem sie eine Entscheidung treffen und eine öffentliche Urkunde erteilen zur anschließenden Eintragung der Entscheidung in das Handelsregister. Wenn die Änderung durchgeführt wird ohne gegen die Bestimmungen der Satzung oder des geltenden Gesetzes zu verstoßen, wird die entsprechende öffentliche Urkunde in das Handelsregister eingetragen und die Änderung des Verwaltungssystems wird abgeschlossen.

Allerdings kann der Handelsregisterführer die Eintragung der Entscheidung ablehnen, wenn er die Meinung hat, dass es gegen die Satzung oder die geltenden Gesetze verstößt. Dies war der Fall bei einer Gesellschaft, die die Eintragung einer öffentlichen Urkunde über eine Eintscheidung zur Änderung ihres Verwaltungssystems in das Handelsregister beantragte.Gegen diese Ablehnung legte die Gesellschaft Einspruch ein, woraufhin die so genannte “Dirección General de Seguridad Jurídica y Fe Pública” (DGSJFP) am 23. Mai 2023 den entsprechenden Beschluss erließ.

Der Grund für die Ablehnung der Eintragung war die Identität der drei von der Gesellschaft ernannten Mitglieder des Verwaltungsrats:

  • Zwei natürliche Personen, und;
  • eine juristische Person, deren Vertreter eine der natürlichen Personen war, die zu Mitgliedern des Verwaltungsorgans ernannt wurden.

Der Handelsregisterführer meinte, dass die Ernennung derselben Person zum Mitglied des Verwaltungsrats und gleichzeitig zum Vertreter der juristischen Person, die Mitglied des Verwaltungsrats war, gegen die Vorschriften über die Betriebsweise des Verwaltungsrats verstößt und daher nicht in das Handelsregister eingetragen werden kann.

Gegen die Ablehnung der Eintragung legte die Gesellschaft bei der DGSJFP Beschwerde ein, damit die Änderung des Verwaltungssystems in das Handelsregister eingetragen werden konnte. Die Hauptargumente der beschwerdeführenden Gesellschaft waren:

(i) In Übereinstimmung mit der Satzung der Gesellschaft, darf die Gesellschaft von einem Verwaltungsrat geleitet und vertreten werden;

(ii) Artikel 160 des spanischen Gesetzes über Kapitalgesellschaften (auf Spanisch: “Ley de Sociedades de Capital” oder “LSC”) sieht vor, dass die Hauptversammlung unter anderem für die Ernennung und Abberufung der Gesellschaftsführer zuständig ist;

(iii) Das Verwaltungsrat wurde in Übereinstimmung mit den Bestimmungen der Satzung der Gesellschaft und auch den Bestimmungen von Artikel 242 des LSC Gesetzes (Mindestanzahl von drei Verwaltungsratsmitgliedern) ernannt.

(iv) Die Ernennung der Mitglieder des Verwaltungsrats wurde durch die Gesellschafter im besten Interesse der Gesellschaft durchgeführt;

(v) Die Ablehnung der Eintragung ist mit folgenden Gründen (Vermutungen) begründet:

    • Nichteinhaltung der Mehrheitsregel durch die Entscheidung einer einzelnen natürlichen Person in ihrer Doppelfunktion als Mitglied des Verwaltungsorgans und Vertreter der juristische Person, die auch Mitglied des Verwaltungsorgans ist.
    • Vorrang der eigenen Interessen vor den Interessen der Gesellschaft (Nichteinhaltung der Treuepflicht gemäß Artikel 227 des LSC Gesetzes).

Mit der Entscheidung vom 23. Mai 2023 gibt die DGSJFP an, dass die von der Gesellschaft versuchte Änderung des Verwaltungssystems im Wiederspruch zu der Mehrheitsregel bei der Beschlussfassung des Verwaltungsrats steht. Die Begründung der DGSJFP ist die potenzielle Vetosituation, die sich ergeben würde, wenn die beabsichtigte Änderung des Verwaltungssystems zugelassen würde (in einem solchen Fall würden die Entscheidungen des Verwaltungsrats nur mit der Zustimmung derselben natürlichen Person getroffen). Mit dieser Begründung weist die DGSJFP die Beschwerde der beschwerdeführenden Gesellschaft zurück und bestätigt die Ablehnung der Eintragung der Entscheidung über die Änderung des Verwaltungssystems der Gesellschaft.

Es ist dann zu berücksichtigen dass, vor der Ernennung der Mitglieder eines Verwaltungsorgans, sei es im Rahmen der Gründung einer Gesellschaft oder der Änderung des Verwaltungssystems einer bereits bestehenden Gesellschaft, die Art des Verwaltungsorgans und die Identität der Mitglieder zu bestimmen, um die Ablehnung von Entscheidungen zu vermeiden, die auf den ersten Blick mit der Satzung und dem geltenden Recht übereinstimmen, in Wirklichkeit aber nicht eintragungsfähig sind, weil sie einem Rechtsgrundsatz widersprechen, wie z.B. die Beschlussfassung mit Mehrheit in einem Verwaltungsrat.

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Albert Zúñiga Carulla

Vilá Abogados

 

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30. Juni 2023