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Zwei oder mehrere Gesellschafter einer Gesellschaft können bestimmte Gesellschaftsverträge abschließen mit dem Zweck ihre Beziehungen zu regeln (auf Spanisch: “Pactos de socios” oder “acuerdos extra-estatutarios” genannt). Diese Gesellschaftsverträge haben Gesetzeskraft und deswegen sind die unterzeichneten Parteien verpflichtet, sie nachzukommen. In manchen Fällen ist es aber möglich, dass ein Gesellschaftsvertrag den anderen Gesellschaftern nicht entgegenhalten wird.

Der oberster Gerichtshof Spaniens hat die Nichteinwendbarheit der Gesellschaftsverträge im Urteil 674/2023, vom 5. Mai 2023 bestätigt. In dem analysierten Fall wurde diskutiert, ob ein im Jahr 2004 von zwei Gesellschaftern unterzeichneter Gesellschaftsvertrag, der niemals durch die Gesellschafter angewendet wurde, einwendbar ist. Mit diesem Gesellschaftsvertrag legten die Gesellschafter erhöhte Mehrheiten für die Annahme von Beschlüssen über bestimmte Angelegenheiten, die der Hauptversammlung vorbehalten sind, wie z.B. die Veränderung des Verwaltungsorgan, die Entlassung und Ernennung von Geschäftsführern, die Festlegung der Zahl der Mitglieder des Verwaltungsrats und die Änderung der Satzung, unter anderem.

Zwölf Jahre nach der Unterzeichnung des Gesellschaftsverträgs, einer der vertragschließenden Gesellschafter stellte einen Antrag gegen den anderen und forderte er an, dass der Gesellschaftsvertrag wegen ernsthaftiger Nichteinhaltung durch den Beklagter aufgekündigt werden sollte und dass der Beglakter verurteilt werden soll, eine Entschädigung (von mehr als sechs Millionen Euro) zu bezahlen für den Schaden, die sich aus der Nichteinhaltung des Gesellschaftsvertrags ergeben.

Das Gericht erster Instanz lehnte die Klage vollständig ab. Gegen das Urteil wurde einen Rechtsmittel eingelegt und das Gericht zweiter Instanz bestätigte das erste Urteil, gegen das später ein Rechtsmittel bei dem spanischen oberster Gerichtshof wurde. Das Gerichtshof bestätigte das Urteil mit der Begründung, dass der Beklagter, auch wenn sich nicht an dem Gesellschaftsvertrag gehalten hatte, dieser nicht durch keine der Parteien angewendet wurde. Beide Parteien handelten ausser was im Gesellschaftsvertrag festgelegt war. Deswegen hat der oberster Gerichtshof gemeint, dass der Klager jetzt keinen Antrag stellen darf ausschließlich auf Grund von der Nichteinhaltung des anderen Gesellschafter, wenn er sich nicht an dem Gesellschaftsvertrag gehalten hatte.  

Erst nach zwölf Jahre nach der Unterzeichnung des Gesellschaftsvertrags hat der Antragsteller den Beklagter die Einhaltung des Vertrages angefordert. Für den Gerichtshof ist das ein Zeichen, dass der Antragsteller die Angelegenheit, die durch der Beklagter durchgeführt wurde, akzeptierte.

Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs Spaniens setzt die Anwendung des Grundsatzes des venire contra factum proprium voraus, die eine rechtliche Bedeutung und Wirksamkeit haben, die der erhobenen entgegensteht.

Gemäß Artikel 7.1 des spanischen Bürgerliches Gesetzbuches ist es nicht erlaubt, gegen den Grundsatz des venire contra factum proprium zu verstoßen. In diesem Artikel wird den Grundsatz des guten Glaubens geweiht, der verlangt, dass das Recht nicht missbraucht wird und dass die Rechte nicht unfairerweise ausgeübt werden.

Bei Berücksichtigung der vorstehenden Erwägungen, hat der Oberster Gerichtshof Spaniens die Klage abgelehnt, da er der Auffassung ist, dass derjeniger, der den Gesellschaftsvertrag nicht nachgekommen hat keine Kündigungsbefugnis bekommen darf.

 

 

Joan Lluís Rubio

Vilá Abogados

 

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3. November 2023