Die Löschung der Kapitalgesellschaften bedeutet das Ende ihrer Rechtspersönlichkeit. Diese auf dem ersten Blick einfache Aussage ist jedoch in Spanien sehr umstritten: ein Teil der Rechtswissenschaftler scheinen damit nicht einverstanden zu sein und es gibt widersprüchliche Gerichtsurteile in den verschiedenen gerichtlichen Instanzen.

Es gibt keine einheitliche Haltung hinsichtlich der Frage ob die Gesellschaft ihre Rechtspersönlichkeit verliert, nachdem die Auflösungs- und Liquidationsurkunde im Handelsregister eingetragen wurde und als Folge dessen, die Registereintragungen gelöscht wurden. Man ist sich auch nicht sicher darüber, was geschieht, wenn Verbindlichkeiten nach der Löschung der Gesellschaft auftreten.

Weder die Königliche Gesetzesverordnung 1/2010, vom 2. Juli zur Regelung des Kapitalgesellschaftsgesetzes (Ley de Sociedades de Capital, “LSC”) noch der Königliche Erlass 1784/1996, vom 19. Juli, zur Regelung der Verordnung des Handelsregisters (Reglamento del Registro Mercantil, “RRM”) geben eine Antwort auf diese Frage, die oft in der Geschäftswelt gestellt wird. Während die erste Norm die Pflicht der Ernennung vom Liquidator und dessen Aufgaben und Verantwortungen festlegt (Artikel 395 bis 397), regelt die zweite Norm die Pflicht, sämtliche Dokumente zusammen mit der Auflösungs- und Liquidationsurkunde der Gesellschaft abzugeben, die Löschung der Registereintragungen und die Feststellung von Verbindlichkeiten (Artikel 247 und 248).

Das Problem ist, dass die Verbindlichkeiten, die bei einer aufgelösten und liquidierten Gesellschaft auftreten, nicht abgerufen werden können und die Gläubiger somit schutzlos sind.

Nachdem widersprüchliche Gerichtsurteile gefällt wurden, erkennt der spanische Oberste Gerichtshof (Tribunal Supremo) in seinem Urteil Nr. 324/2017 vom 24. Mai, die Rechtspersönlichkeit der aufgelösten und liquidierten Gesellschaften „zu dem ausschließlichen Zweck an, den Abrechnungsvorgang durchzuführen“.

Der Oberste Gerichtshof legt im oben erwähnten Urteil fest, dass „im Prinzip, die Eintragung der Auflösungs- und Liquidationsurkunde im Handelsregister und die Löschung aller Registereintragungen der gelöschten Gesellschaft, den Verlust ihrer Rechtspersönlichkeit mit sich bringt und diese Gesellschaft somit auf dem Markt nicht operieren kann. Dennoch bleibt die Rechtspersönlichkeit im Zusammenhang mit den nicht bezahlten Schulden erhalten, die eigentlich Teil des Liquidationsvorganges der Gesellschaft hätten sein sollen. Dadurch behält die Gesellschaft ihre Rechtspersönlichkeit im Zusammenhang mit der Liquidation und kann somit verklagt werden”.

Auf diese Weise passt sich der Oberste Gerichtshof der Entscheidung vom 14. Dezember 2016, und vorige, der Generaldirektion für Register und Notariat (“DGRN”) an. In dieser Entscheidung legt die DGRN fest, dass „nach der Löschung der Registereintragungen, die Rechtspersönlichkeit der gelöschten Gesellschaft noch solange erhalten bleibt, bis die Rechtsverhältnisse der Gesellschaft endgültig beendet sind”. Hierdurch wird auch die Haltung des Gerichtshofs verstärkt, die in den Entscheidungen 979/2011, vom 27. Dezember und 220/2013, vom 20. März vertreten wird und wonach die gelöschte Gesellschaft in Sachen Handelsrecht und Regelung des Handelsregisters verklagt werden kann.

Die Vereinheitlichung der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs beendet zwar die Debatte über die Rechtspersönlichkeit der gelöschten Gesellschaft, wirft jedoch eine neue Frage in ihrer Entscheidung 324/2017 vom 24. Mai auf: Wieso soll man eigentlich die Gesellschaft verklagen und nicht deren Gesellschafter, die für die aufgetretenen Verbindlichkeiten gesamtschuldnerisch haften würden?

Nach Artikel 399.1 “LSC” „haften die früheren Gesellschafter gesamtschuldnerisch für die Gesellschaftsschulden, die nicht beglichen wurden, bis zur Grenze des von ihnen erhaltenen Liquidationsanteil”. Der Oberste Gerichtshof macht jedoch darauf aufmerksam, dass es „oft nicht nötig ist, die Gesellschaft zu verklagen […] aber diese Art von Kredit muss vielleicht vor Gericht anerkannt werden und dafür ist es notwendig, die Gesellschaft zu verklagen […] und deshalb sollte man den Gläubigern die Möglichkeit geben, die Gesellschaft, vertreten von ihrem Liquidator, direkt zu verklagen, um auf den Kredit vor Gericht Anspruch zu erheben”.

 

 

Marc Martínez

Vilá Abogados

 

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09. Juni 2017