Das spanische Gesetz 10/2010 vom 28. April 2010 zur Prävention von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung (im Folgenden „Geldwäschegesetz“) gilt in Spanien für eine Reihe von Parteien wie Banken, Immobilienentwickler, Notare, Grundbuchführer usw. Artikel 4 des Geldwäschegesetzes legt Folgendes fest:

  • Die verpflichteten Parteien (im Geldwäschegesetz „sujetos obligados“ genannt) müssen die sogenannten „wirtschaftlichen Eigentümer“ identifizieren, um ihre Identität zu überprüfen bevor bestimmte Geschäftstransaktionen durchgeführt werden.
  • „Wirtschaftlicher Eigentümer“ bedeutet die natürliche(n) Person(en), die letztlich direkt oder indirekt mehr als 25 % des Stammkapitals oder der Stimmrechten einer juristischen Person halten bzw. kontrollieren oder die auf andere Weise direkt oder indirekt Kontrolle über eine juristische Person ausüben.

Daher sieht das Geldwäschegesetz ausdrücklich vor, dass der wirtschaftliche Eigentümer einer Gesellschaft identifiziert werden muss, es sei denn, dass die Gesellschaft keinen wirtschaftlichen Eigentümer hat (weil keine natürliche Person mehr als 25 % des Stammkapitals hält und, wenn die entsprechende natürliche Person 25% nicht überschreitet, auch nicht auf andere Weise direkt oder indirekt Kontrolle über die juristische Person ausübt); in diesem Fall werden die Geschäftsführer der Gesellschaft die Kontrolle ausüben (Artikel 4.2 b bis) des Geldwäschegesetzes). Und wenn es um eine auf einem geregelten Markt notierte Gesellschaft handelt, die dem Gemeinschaftsrecht entsprechenden Offenlegungsanforderungen bzw. gleichwertigen internationalen Standards unterliegt, wird die Identifizierung des wirtschaftlichen Eigentümers nicht erforderlich (Artikel 4.2 b) des Geldwäschegesetzes).

Am 12. Juli 2023 wurde das Königliche Dekret 609/2023 über die Einrichtung eines Registers für wirtschaftliches Eigentum und die Billigung der entsprechenden Betriebsregeln (im Folgenden „Königliches Dekret“) in Spanien veröffentlicht, um die dritten und vierten Zusatzbestimmungen des Geldwäschegesetzes umzusetzen.

Durch die Verabschiedung des Königlichen Dekrets wird ein Register für wirtschaftliches Eigentum eingerichtet, das zentral und einzig für das gesamte Staatsgebiet sein wird (im Folgenden das „Register für Wirtschaftliches Eigentum“), und ebenfalls werden die Betriebsvorschriften des Registers für Wirtschaftliches Eigentum (im Folgenden die „Betriebsvorschriften“) bewilligt.

Das Königliche Dekret sieht vor allem Folgendes vor:

  • Das Justizministerium wird bestehende historische Daten über juristische Personen oder Einrichtungen ohne Rechtspersönlichkeit in das Register für Wirtschaftliches Eigentum aufnehmen;
  • Bei Nichtfeststellung des wirtschaftlichen Eigentümers wird die Eintragung von weiteren Geschäftsunterlagen, die die entsprechende Gesellschaft betreffen in das spanische Handelsregister nicht zulässig sein (auf Spanisch: „cierre registral“ genannt) gemäß Artikel 378 der spanischen Handelsregisterordnung;
  • Die verschiedenen Register, die zuständig sind, um persönliche Daten über wirtschaftliche Eigentümer zu erheben, werden dem Register für Wirtschaftliches Eigentum alle in ihren Datenbanken enthaltenen Daten über wirtschaftliche Eigentümer in koordinierter Weise zur Verfügung stellen müssen;
  • Falls die von den betreffenden Registern gelieferten Daten über das wirtschaftliche Eigentum nicht alle sind, die in den Betriebsregeln des Registers für Wirtschaftliches Eigentum vorgesehen sind, werden sie von den zur Übermittlung der Daten verpflichteten Parteien (bei juristischen Personen über ihre Verwaltungsorgane) ergänzt werden müssen;
  • Im Falle von Änderungen des wirtschaftlichen Eigentums wird eine neue Erklärung über die Feststellung des wirtschaftlichen Eigentums von den Geschäftsführern innerhalb von 10 Tagen nach Bekanntwerden der Änderung beim Handelsregister vorgelegt, um Abweichungen zwischen das Register für Wirtschaftliches Eigentum und das spanische Handelsregister zu vermeiden.

Die Betriebsvorschriften, die dem Königlichen Dekret als Anhang beigefügt sind, legen die Regeln für den Betrieb des Registers für  Wirtschaftliches Eigentum fest, wie z. B. die Verarbeitung der gespeicherten Informationen, die an das Register für  Wirtschaftliches Eigentum zu übermittelnden Daten, die Personen, die berechtigt sind, auf die Informationen im Register für  Wirtschaftliches Eigentum zuzugreifen, und die Form des Zugriffs auf diese Informationen sowie den Schutz personenbezogener Daten.

Bezüglich der berechtigten Parteien, die zum Zugang zu den Informationen im Register für  Wirtschaftliches Eigentum berechtigt sind, neben den Behörden und verpflichteten Parteien, werden Dritte oder Organisationen, die ein berechtigtes Interesse nachweisen können, auch Zugang zu den im Register des wirtschaftlichen Eigentums enthaltenen Informationen haben, auch wenn sich die Informationen in diesem Fall auf bestimmte Daten über die wirtschaftlichen Eigentümer (Vor- und Nachname, Geburtsmonat und -jahr sowie Land des Wohnsitzes und der Staatsangehörigkeit) beschränken werden.

Es ist denn deutlich, dass das Konzept „Nachweis eines berechtigten Interesses“ Unsicherheiten mit sich bringt (da weder festgelegt ist, wann es als nachgewiesen gelten kann, noch welche Kriterien erfüllt werden müssen, um als nachgewiesen zu gelten) und auch die Gefahr eines willkürlichen Zugangs, da die Kriterien für ein berechtigtes Interesse unklar sind.

Die verpflichteten Parteien (die sogenannte „sujetos obligados“) müssen auf das Register für Wirtschaftliches Eigentum zugreifen, um das Geldwäschegesetz und das Königlichen Dekret zu erfüllen, was gemäß Artikel 14.3 des Gesetzes 39/2015 vom 1. Oktober über das gemeinsame Verwaltungsverfahren der öffentlichen Verwaltungen elektronisch erfolgen muss. Gemäß Artikel 2.1.ñ) des Geldwäschegesetzes gehören zu den verpflichteten Parteien u.a. Rechtsanwälte, die ihre Mandanten beim Kauf und Verkauf von Immobilien oder Handelsfirmen, bei der Eröffnung von Bankkonten usw. beraten. Daher gilt das Königliche Dekret auch für Rechtsanwälte, die diese Art von Beratung durchführen.

Für den Zugang zum Register für Wirtschaftliches Eigentum müssen die verpflichteten Parteien (und auch andere Dritte oder Organisationen, die ein berechtigtes Interesse nachweisen) eine Gebühr entrichten. Die entsprechende Gebühr wurde noch nicht genehmigt und deswegen ist der Zugang momentan kostenlos.

Das Königliche Dekret wird am 19. September 2023 in Kraft treten.

Für weitere Informationen im Zusammenhang mit der Verabschiedung des Königlichen Dekrets und seiner Betriebsvorschriften bitte kontaktieren Sie uns per E-Mail unter va@vila.es.

 

 

Albert Zúñiga Carulla

Vilá Abogados

 

 

11. August 2023