Das Recht auf die Gesellschaftertrennung laut Artikel 346 und folgende des Gesetzes über Kapitalgesellschaften (LSC) wirft unter anderem die Fragen auf, zu welchem Zeitpunkt die Stellung als Gesellschafter verloren geht, und zu welchem Zeitpunkt man davon ausgeht, dass ein Kredit oder das Recht auf den Erhalt eines Anteils aus der Liquidation entsteht. Dieser letzte Punkt ist im Rahmen von Insolvenzverfahren von besonderer Bedeutung.
Das Urteil des Obersten Gerichtshofs 4/2021 vom 15. Januar 2021 befasst sich eingehend mit beiden Fragen, wobei es zu keiner Einstimmigkeit unter den Gerichtsmitglieder kam, was zu einem abweichenden Votum führte.
a) Zeitpunkt, zu dem die Stellung als Gesellschafter verloren geht.
Im Gesetz über Kapitalgesellschaften wird nicht ausdrücklich festgehalten, zu welchem Zeitpunkt nach der Ausübung des Rechts auf die Gesellschaftertrennung der Gesellschafter seine Stellung als Gesellschafter verliert. Im Gesetz über Berufsgenossenschaften (Ley de Sociedades Profesionales) hingegen ist vorgesehen, dass das Recht auf die Gesellschaftertrennung ab dem Zeitpunkt der Mitteilung wirksam wird. Es gibt auch keinen Präzedenzfall in der Rechtsprechung, der diese Frage klärt. Im Vorentwurf zum Handelsgesetzbuch (Código mercantil) ist enthalten, dass der Gesellschafter von der Gesellschaft getrennt ist, sobald er die Rückzahlung oder die Hinterlegung des Wertes seiner Beteiligung erhält.
Angesichts dieses rechtlichen Vakuums kann man von 3 möglichen Zeitpunkten sprechen:
- Wenn der Gesellschafter der Gesellschaft seinen Willen zum Ausscheiden mitteilt.
- Wenn die Gesellschaft diesen Antrag erhält.
- Wenn der Anteil des Gesellschafters ausgezahlt oder hinterlegt wird.
Der Oberste Gerichtshof ist der Ansicht, dass nach der Einleitung des Prozesses zur Gesellschaftertrennung es sich bei den Handlungen, die die Gesellschaft durchführen muss, um gebührende und obligatorische Handlungen handelt, und nicht um freigestellte Bedingungen. Das Verfahren beginnt damit, dass der Gesellschafter seinen Willen zur Trennung ausdrückt, aber damit es zu den Wirkungen kommt, die er beabsichtigt, das heißt zum Erlöschen der Verbindung zwischen dem Gesellschafter und der Gesellschaft, ist dies nicht ausreichend, denn es muss auch seine Beziehung mit der Gesellschaft liquidiert werden. In dem Urteil vom 15. Januar 2021 ist festgelegt, dass diese Liquidation dann stattfindet, wenn dem Gesellschafter der Wert seiner Beteiligung ausgezahlt wird, und nicht wenn das Recht auf die Rückzahlung geltend gemacht wird oder entsteht. In der Zwischenzeit bleibt er der Inhaber seiner Rechte (Art. 93 LSC) und auch seine Verpflichtungen als Gesellschafter bleiben bestehen.
Dabei stellt sich die Frage, ob die Zuweisung des beizulegenden Zeitwerts der zu tilgenden Beteiligungen als ein der „Zahlung“ gleichwertiger Begriff zu verstehen ist. Dieser Aspekt wird jedoch in dem genannten Urteil von dem Obersten Gerichtshof nicht geklärt. Unserer Meinung nach enthält das Konzept der Zuweisung eine Zahlungszusage, aber es stellt keine Zahlung mit befreiender Wirkung dar. Deshalb kann man erst in dem Augenblick, in dem die Mittel freigegeben oder dem ausscheidenden Gesellschafter zur Verfügung gestellt werden, davon ausgehen, dass der Gesellschafter die Zahlung erhalten hat. Auf jeden Fall kann man die These des Obersten Gerichtshof kritisieren, denn sie scheint den Gesellschafter dazu zu verurteilen, solange mit der Gesellschaft verbunden zu bleiben, bis diese die Rückzahlung vornimmt, und das, obwohl der Affectio societatis erloschen ist und formell ohne Widerspruch der Gesellschaft die Absicht ausgedrückt wurde, nicht mehr Gesellschafter zu sein. Die Durchführung der Rückzahlung bleibt ein Teil der Gesellschaftaktivitäten, und während diese nicht durchgeführt wird, kann es zu paradoxen Situationen kommen, beispielsweise wenn der Gesellschafter weiterhin Gesellschafter bleibt und es Gesellschafterversammlungen gibt, bei denen bestimmte Entscheidungen von einer qualifizierten Mehrheit abhängen, für die die Stimme des Gesellschafters notwendig ist, der seine Trennung beantragt hat, und der an der Gesellschafterversammlung nicht teilnimmt, weil er sich nicht mehr als Teil der Gesellschaft betrachtet. Es wäre auch unpassend, wenn er an diesen Versammlungen teilnehmen würde, nachdem er seinem Willlen zum Ausscheiden Ausdruck gegeben hat.
b) Die Einstufung des Kredits, der sich aus dem Recht auf die Gesellschaftertrennung ableitet, während des Insolvenzverfahrens
Das Gesetz über Kapitalgesellschaften (LSC) gibt nicht an, wann das Recht auf die Rückzahlung der Beteiligungen des Gesellschafters entsteht, der aus der Gesellschaft ausscheiden möchte. Der Oberste Gerichtshof ist der Ansicht, dass es sich aus dem Wortlaut der Artikel 347.1, 348.2 und 348 bis des LSC ergibt, dass das Recht zum Ausscheiden an dem Datum entsteht, an dem die Gesellschaft die Mitteilung des Gesellschafters erhalten hat, dass dieser sein Recht auf die Trennung ausüben möchte. Dies wird auch durch das Urteil des Obersten Gerichtshofs 32/2006 vom 23. Januar unterstützt, in dem erklärt wird, dass das Recht auf die Rückerstattung inmittelbar bei Durchführen der Trennung entsteht, auch wenn zu diesem Zeitpunkt noch die gesetzlich vorgeschriebenen Handlungen zur Bewertung ausstehen.
Wenn man die vorherigen Darlegungen berücksichtigt, so entsteht im Bereich der Insolvenz durch Ausübung des Rechts auf die Gesellschaftertrennung ein Kredit für den Gesellschafter, wobei es sich um ein ähnliches, aber nicht identisches Recht zu dem handelt, einen Anteil an dem Vermögen zu erhalten, das sich aus der Liquidation seiner Beteiligung am Gesellschaftskapital ergibt. Im Falle der Liquidation hat entsteht nur das Recht auf den Erhalt des Betrags nach dem Ausgleich der Kredite dritter Personen.
Das Recht auf die Rückzahlung wird als ein nachrangiger Kredit verstanden. Das Recht auf den Erhalt des Anteils aus der Liquidation ist nicht wirklich ein Kredit aus dem Insolvenzverfahren, der klassifiziert werden muss. Deshalb ist der Anteil aus der Liquidation nicht in das Insolvenzverfahren eingeschlossen und er wird gezahlt (falls Mittel zur Verfügung stehen), nachdem die Konkursgläubiger bezahlt wurden. Dies ist gerechtfertigt, denn das Recht auf Kredit entsteht in dem Moment, in dem die Endbilanz aus der Liquidation und das Projekt zur Verteilung des Gesellschaftsvermögens unter den Gesellschaftern angenommen wurden.
Im Bezug auf das Insolvenzverfahren ist die Situation des Gesellschafters, der sein Recht auf die Gesellschaftertrennung ausübt, nicht das gleiche wie das des Gesellschafters einer liquidierten Gesellschaft. Das Recht des Erstgenannten entsteht, wenn die Gesellschaft die Mitteilung erhält, in der er seinen Wunsch zum Ausscheiden aus der Gesellschaft ausdrückt, und das Recht des Zweitgenannten entsteht, sobald die Liquidation der Gesellschaft durchgeführt wurde. Wenn also die Mitteilung über das Recht auf die Gesellschaftertrennung vor der Konkursanmeldung stattfand, dann ist der Kredit des ausgeschiedenen Gesellschafters in das Insolvenzverfahren eingeschlossen, jedoch der Anteil an der Liquidation ist vom Insolvenzverfahren ausgeschlossen, da dieser in Bezug auf die Forderungen aller Gläubiger der Gesellschaft nachrangig ist.
Und schließlich erinnert das genannte Urteil vom 15. Januar 2021 daran, dass der Gesellschafter, der Kapital in eine Gesellschaft einbringt, zum Investor mit dem Recht wird, wirtschaftliche Erträge zu erhalten, und gegebenenfalls auch die Rückzahlung des eingebrachten Betrags. In diesem Sinne sind hinsichtlich des Rechtes auf den Erhalt des Anteils aus der Liquidation zum Zeitpunkt der Konkurserklärung nicht die Bedingungen gegeben, damit sich ein Recht auf einen Kredit zugunsten der Gesellschafter ergibt. Das Recht des Gesellschafters, der sein Recht auf die Gesellschaftertrennung vor der Konkurserklärung ausübt, kann dagegen als ein nachrangiger Kredit eingestuft werden, unbeschadet der Ereignisse, die sich aus einem möglichen Konflikt in Bezug auf die Bewertung der Beteiligung ergeben.