Im Jahr 2014 wurde das spanische Kapitalgesellschaftsgesetz (im Folgenden, “LSC” genannt) geändert und damit wurde eine besondere Vergütungsregelung für die geschäftsführende Vorstandsmitglieder eingeführt. Im Artikel 249 LSC ist es jetzt festgelegt, dass es erforderlich ist, einen Vertrag zwischen der Gesellschaft und dem geschäftsführenden Vorstandsmitglied zu schließen, der anschließend vom Verwaltungsrat mit einer verstärkten Zweidrittelmehrheit genehmigt werden muss. In dem Vertrag muss man «angeben welche Vergütungen der geschäftsführende Vorstandsmitglied für die Ausübung der Geschäftsführungsaufgaben erhalten kann», was bedeutet, dass er von der Gesellschaft keine anderen Beträge erhalten darf, die nicht in dem Vertrag vorgesehen sind (vgl. Artikel 249.4 in fine).
Wenn man Artikel 249 LSC liest, insbesondere Abschnitt 4, kann man verstehen, dass der genannte Vertrag geschlossen werden muss, weil es notwendig ist, das Vergütungssystem des geschäftsführenden Vorstandsmitglieds eindeutig festzulegen. Daher wird es logisch sich zu vragen, ob es zwingend ist, einen solchen Vertrag abzuschließen, wenn der geschäftsführende Vorstandsmitglied keine Vergütung erhält.
In Bezug auf die Vergütung von geschäftsführenden Vorstandsmitgliedern stellt der spanische Oberste Gerichtshof (Urteil 494/2018 vom 26. Februar 2018) klar, dass in nicht börsennotierten Unternehmen sowohl die allgemeine Vergütungsregelung für Geschäftsführer (Artikel 217 LSC) als auch die Regelung für geschäftsführende Vorstandsmitglieder anwendbar sind. Wenn die Satzung einer bestimmten Gesellschaft vorsieht, dass die Aufsichtsratsmitglieder ihr Amt unentgeltlich ausüben müssen, darf der Verwaltungsrat daher keine Vergütung vereinbaren und deswegen sollte man keinen Vertrag zur Festlegung der Vergütung der geschäftsführenden Vorstandsmitgliedern unterzeichnen, da die betreffenden Aufsichtsratsmitglieder keine Vergütung erhalten dürfen und der in Artikel 249 LSC vorgesehene Vertrag folglich unnötig wäre (vgl. Francisaco José León Sanz, en «Comentario de la reforma del régimen de las sociedades de capital en materia de gobierno corporativo (Ley 31/2014)», Seite 509).
Ungeachtet des oben Gesagten haben sich bisher weder die sogenannte “Dirección General de Seguridad Jurídica y Fe Pública” (im Folgenden, die “DGSJFP” genannt) noch der spanische Oberste Gerichtshof eindeutig zu der Notwendigkeit geäußert, den Vertrag im Falle von nicht vergüteten geschäftsführenden Vorstandsmitgliedern abzuschließen. Die DGSJFP hat nur angegeben, dass «in Artikel 249 LSC ist es festgelegt, dass es verpflichtet ist, den Vetrag zwischen dem geschäftsführenden Vorstandsmitglied und der Gesellschaft abzuschließen, auch wenn die Geschäftsführungsaufgaben unentgeltlich ausgeübt werden» (vgl. Bericht vom 8. November 2018). Mit anderen Worten: der Vertrag sollte geschlossen werden, wenn der Amt durch einen Beschluss des Verwaltungsrats unbezahlt wird („Willensfreiheit“), sofern die Satzung vorsieht, dass der Amt des Geschäftsführers vergütet wird. Der Vertrag soll dagegen nicht geschlossen werden, wenn die Unentgeltlichkeit durch die Satzung – und nicht durch einen Beschluss des Verwaltungsrats – vorgeschrieben ist.
Wenn die Satzung vorsieht, dass das Amt des Geschäftsführers vergütet wird, aber die Hauptversammlung jedoch zuvor keine Höchstvergütung für das Verwaltungsorgan gebilligt hat, sollte man keinen Vertrag ebenfalls abschließen, da die Absicht der Hauptversammlung, eine Vergütung zu zahlen, nicht bestätigt würde und außerdem könnte man im Vertrag keine Vergütung festlegen, weil die Höchstvergütung dem Verwaltungsrat nicht bekannt wäre. Durch die feststellung des Höchstbetrags der Vergütung würde die Hauptversammlung andererseits seine Bereitschaft zur Vergütung und den entsprechenden Betrag für den späteren Vertrag festlegen (in diesem Fall wäre es erforderlich, den entsprechenden Vertrag abzuschließen).
Wenn man Artikel 249 LSC teleologisch auslegt, kann man fertigstellen, dass es nicht erforderlich ist, einen Vertrag zu schließen, wenn das Amt des Aufsichtsratsmitglieders nicht vergütet wird. Der Bericht von dem sogenannten “Comisión de expertos” vom 14. Oktober 2013 war der Ursprung des Gesetzes 31/2014, das den Artikel 249 LSC geändert hat. In dem Bericht wurde Folgendes angegeben: „es ist notwendig, (…) das Vergütungssystem für Gesellschaftsführer, die als Teil eines Verwaltungsrats geschäftsführende Funktionen ausüben, zu klären (…) Zu diesem Zweck wird vorgeschlagen (…), einen neuen Absatz 3 in Artikel 249 LSC einzuführen„.
Mit der Änderung von Artikel 249 LSC wollte der Gesetzgeber ein Kontrollsystem schaffen über die Dienstleistungen, die von der geschäftsführenden Vorstandsmitglieder, die eine Vergütung erhalten, geleistet werden, um die Gesellschaft und die Geschäftsführer oder Aktionäre vor möglichen missbräuchlichen Handlungen des Verwaltungsrats zu schützen. So verringert man das Risiko, dass die Hauptversammlung durch überhöhte oder fiktive Vergütungen überrascht wird. Es ist dann notwendig, einen Vertrag abzuschließen, nur wenn die geschäftsführenden Vorstandsmitglieder eine Vergütung erhalten, und deswegen kann es nicht zwingend sein, ihn zu unterzeichnen, wenn man keine Vergütung erhält. Wenn es keine Vergütung gibt, dann ist der Vertrag nicht zwingend. Jedoch steht dies dem freiwilligen Abschluss des entsprechenden Vertrags nicht entgegen, auch wenn keine Vergütung gezahlt wird (vgl. Beschluss der DGRN vom 12. Dezember 2018).
Eduardo Vilá y Joan Lluís Rubio
Vilá Abogados
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21. Juli 2023