Die Besteuerung der von Vorstandsmitgliedern erhaltenen Vergütungen war Gegenstand von Debatten und Analysen im spanischen und europäischen Rechtsbereich. Einige Länder verstehen, dass diese der Mehrwertsteuer (MwSt.) unterliegen muss, solange die Tätigkeit eine wirtschaftliche und handelsrechtliche Natur hat.
Andererseits verstehen anderen Ländern, dass Vorstandsmitglieder in den meisten Fällen nicht die Voraussetzungen erfüllen, um steuerpflichtig zu sein, da sie weder auf eigene Rechnung handeln noch das geschäftliche oder berufliche Risiko vollständig übernehmen.
In Spanien basiert die steuerliche Behandlung auf der Bindungstheorie, die besagt, dass es unvereinbar ist, eine Arbeitsbeziehung von Management, die sich auf die Leitung und Vertretung einer Gesellschaft konzentriert, mit einer Gesellschaftsbeziehung als Gesellschaftsführer zu kombinieren. Eine muss die andere aufnehmen. Je nachdem welche vorherrscht wird die Vergütung als Arbeitseinkünfte oder als wirtschaftlicher Tätigkeitseinkünfte besteuert sein.
In den meisten Fällen überwiegt die handelsrechtliche Beziehung wegen der Natur den ausgeübten Tätigkeiten oder aufgrund der Beziehung mit der Gesellschaft.
Urteil des Gerichtshofs (Dritte Kammer) vom 21. Dezember 2023, Rechtssache C-288/22.
Am 21. Dezember erließ der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) ein Urteil, das sich mit diesem Problem befasst und Licht auf die Besteuerung von Diensten, die von Vorstandsmitgliedern erbrachten wurden, wirft.
In diesem Fall erhielt ein Vorstandsmitglied, der dem Vorstand mehrerer in Luxemburg begründeter Aktiengesellschaften angehörte, einen Steuerbescheid, mit dem seine Tätigkeit der Mehrwertsteuer unterworfen wurde. Berufung wurde eingelegt. Seine Tätigkeiten bestanden darin, Berichte von leitenden Managern oder Bevollmächtigten entgegenzunehmen, strategische Vorschläge zu diskutieren, leitender Angestellte zu ernennen und an der Entscheidungen und Vorschlägen über die Jahresabschlüsse, die den Hauptversammlungen vorgelegt würden, teilzunehmen. Im Gegenzug erhielt er eine Vergütung als „prozentualen Honoraren“, d.h., ein Prozentsatz des Gewinns, das von der Hauptversammlung genehmigt wurde.
Die luxemburgischen Steuerbehörden vertreten die Auffassung, dass Unternehmensleiter ihre wirtschaftliche Tätigkeit selbstständig ausüben und dass ihre Vergütung daher der Mehrwertsteuer unterliegt. Das luxemburgische Gericht verwies den Fall an den EuGH, um Folgendes festzustellen:
– Ob ein Vorstandsmitglied bei der Erbringung von Dienstleistungen für die Gesellschaft gegen Entgelt eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne der EU-
Mehrwertsteuerrichtlinie ausübt.
- Im Umfang des MWS, ob die Tätigkeit eines Vorstandsmitgliedseine unabhängige Tätigkeit ist.
Die Auslegung der europäischen Mehrwertsteuerrichtlinie, die festlegt, dass diejenigen, die „unabhängig“ eine „wirtschaftliche Tätigkeit“ ausüben, als steuerpflichtige Subjekte der Steuer gelten, wurde zum Bezugspunkt für die Bestimmung der Mehrwertsteuerpflicht der Vergütung von Vorstandsmitgliedern.
In dem Urteil stellt der Europäische Gerichtshof fest, dass die ausgeübte Tätigkeit grundsätzlich eine umsatzsteuerpflichtige wirtschaftliche Tätigkeit darstellt, da die Vorstandsmietglieder für einen über einen längeren Zeitraum eine Vergütung erhalten haben. Allerdings muss zuerst seine Unabhängigkeit analysiert werden. Der Europäische Gerichtshof betont dann, wie wichtig es ist, die Verantwortlichkeit und Unabhängigkeit des Vorstandsmitglieds gegenüber der Gesellschaft und der Natur seiner Tätigkeit zu studieren.
Zu diesem Zweck analysiert der EuGH, ob die Tätigkeit unabhängig ausgeübt wird, ob eine Unterordnungsbeziehung zwischen dem Vorstandsmitglied und der Gesellschaft besteht, die Vorschlags- und Abstimmungsfreiheit innerhalb der Gesellschaft sowie die Übernahme des wirtschaftlichen Risikos der Tätigkeit. Der EuGH kommt zu dem Schluss, dass die Tätigkeit im konkreten Fall nicht unabhängig ausgeübt wurde, da der Vorstandsmietglied weder in eigener Verantwortung gehandelt hat noch das mit seinen Entscheidungen verbundene wirtschaftliche Risiko übernommen hat. Deswegen muss seine Vergütung nicht der Mehrwertsteuer unterliegen.
Abschließend stellt der EuGH fest, dass die von den Vorstandsmietgliedern ausgeübte Tätigkeit zwar eine wirtschaftliche Tätigkeit darstellt, jedoch nicht der Mehrwertsteuer unterliegt, da diese nicht unabhängig ist, sofern der Vorstandsmietglieder:
– Kein wirtschaftliches Risiko, das mit seiner eigenen Tätigkeit verbunden ist, trägt.
– Nicht auf seine eigene Verantwortung handelt.
Das heißt, wenn die Gesellschaft selbst für die Entscheidungen ihres Vorstands verantwortlich ist, ist die Tätigkeit des Vorstandsmitglieds nicht unabhängig und seine Tätigkeit unterliegt daher in den meisten Fällen nicht der Mehrwertsteuer.
Auswirkungen auf die Auslegung der Richtlinie durch die Mitgliedstaaten
Die Entscheidungen des EuGH sind für die Mitgliedstaaten und andere Institutionen der Europäischen Union bindend. Dies bedeutet, dass die nationalen Gerichte der Mitgliedstaaten bei der Anwendung des Unionsrechts der Auslegung durch den EuGH folgen müssen.
Die Frage hinsichtlich der Mehrwertsteuerpflicht für die von Vorstandsmietgliedern erbrachte Dienstleistungen ist im europäischen Rechtsbereich ein komplexes und umstrittenes Thema. Die jüngsten Urteile des EuGH bieten wichtige Orientierungshilfen, klären den Kern der Angelegenheit jedoch nicht. Die unterschiedlichen Auslegungen zwischen den Mitgliedstaaten erschweren weiterhin eine kohärente und harmonisierte Anwendung der Steuervorschriften hinsichtlich der Vergütung von Vorstandsmitgliedern.
Im Anschluss an diese jüngste Erklärung haben die luxemburgischen Steuerbehörden ein Rundschreiben herausgegeben, mit dem sie die Anwendung der luxemburgischen Mehrwertsteuervorschriften hinsichtlich der Vergütung von Vorstandsmitgliedern sofort aussetzen, bis das luxemburgische Gericht seine Entscheidung in der Sache fällt, sobald der Richterspruch über die Vorabentscheidung bekannt ist.
Julio González
Vilá Abogados
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2. Februar 2024