Die Definition des Betriebsgeheimnisses beinhaltet nicht die Erfahrungen und Kompetenzen des Arbeitnehmers im normalen Verlauf seiner beruflichen Karriere, unter der Voraussetzung, dass diese auf ehrliche Weise verlief. So erkennt dies der Artikel 1.3 des Gesetzes 1 vom 20. Februar 2019 zum Betriebsgeheimnis (LSE) an. In diesem Artikel heißt es, dass das Gesetz nicht als Grundlage benutzt werden kann, um die Einschränkung dieser Nutzung zu rechtfertigen. Auch die Präambel II des Gesetzes stützt dies, denn dort wird festgelegt, dass das Konzept des Betriebsgeheimnis nicht die „Erfahrungen und Kompetenzen umfasst, die der Arbeitnehmer bei einem normalen Verlauf seiner beruflichen Karriere erworben hat“.
Die erworbenen Kenntnisse und beruflichen Kompetenzen gehören zu den wichtigsten Werten, die der Arbeitnehmer für seinen beruflichen Werdegang erworben hat, und sie sind ein wichtiger Aspekt, wenn ein Betrieb neue Arbeitnehmer sucht. Dabei handelt es sich nicht einzig und hauptsächlich um allgemeine Kenntnisse der Branche oder des Industriezweigs, in denen der Arbeitnehmer tätig ist, sondern auch um Kenntnisse, die man als spezifisch und besonders betrachten kann, die durch Lernen, Studium und Praxis im Laufe des beruflichen Werdegangs erworben wurden, und diese sind der wichtigste Mehrwert für den Arbeitnehmer. Es ist offensichtlich, dass gerade diese spezifischen Kenntnisse von der Konkurrenz am meisten geschätzt werden und häufig der Grund sind, dass man Arbeitnehmern ein Arbeitsangebot macht, und insbesondere Facharbeitern. Der Betrieb, der die Arbeit anbietet, hofft und vertraut darauf, dass ein Arbeitnehmer aus einem Konkurrenzunternehmen seine beruflichen Fähigkeiten einbringt und zur Verfügung stellt, und damit erhofft er auch stillschweigend die spezifischen Kenntnisse, die der Arbeitnehmer auf seinem vorherigen beruflichen Weg erlangt hat.
In diesem Artikel gehen wir auf die Fälle ein, in denen ein Betriebsgeheimnis nach dem Ausscheiden oder der Kündigung eines Arbeitnehmers in einem Betrieb aufgedeckt wird und später dem Konkurrenzunternehmen mitgeteilt oder zur Verfügung gestellt wird.
Der Facharbeiter hat normalerweise Zugang zu Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, um diese während seiner Arbeitsaufgaben zu nutzen, und ohne diesen Zugriff könnte er seine Aufgaben auch nicht ausführen. Es ist korrekt, dass das LSE es dem Arbeitnehmer erlaubt, Nutzen aus seiner beruflichen Erfahrung und den technischen Kenntnissen zu ziehen, die er im Laufe seiner Karriere erworben hat, aber das stellt natürlich keine Blankogenehmigung dar, um das Betriebsgeheimnis außerhalb des Unternehmens, das es ihm mitteilte, offenzulegen oder zu benutzen.
Das führt natürlich zu der Frage, ob das Betriebsgeheimnis, das ein Arbeitnehmer als seine Arbeits- und berufliche Denkweise verinnerlicht und assimiliert hat, nicht geschützt werden sollte, wenn der Arbeitnehmer das Unternehmen, in dem er dieses erworben hat, verlässt und es an seinem neuen Arbeitsplatz anwendet. Genauer gesagt beziehen wir uns dabei auf Fälle, in denen durch die Integration von vertraulichen Informationen in die beruflichen Kenntnissen und Fähigkeiten, die der Arbeitnehmer durch die ehrliche Ausübung seiner Aufgaben erworben hat, ein unteilbares Ganzes entsteht. Vor dem Inkrafttreten des LSE mussten die Handelsgerichte sich dieser Frage annehmen, indem sie das Betriebsgeheimnis im Sinne dessen, was eine erworbene Fähigkeit übersteigt und nicht auf identische Weise basierend auf den Erinnerungen oder den Fähigkeiten des Arbeitnehmers wiedergegeben werden kann, den reinen Kenntnissen und Erfahrungen des Arbeitnehmers gegenüberstellte. Basierend auf dieser Herangehensweise ist infolgedessen das grundlegende Element, das die rechtmäßige Nutzung des Betriebsgeheimnisses von der nicht rechtlichen unterscheidet, festzustellen, ob die erworbenen, verinnerlichten oder in die Denkweisen des Arbeitnehmers aufgenommenen Kenntnisse benutzt werden könne, ohne dass der Arbeitnehmer dazu Dokumente oder eine andere Art von Hilfsmitteln benötigt. Es scheint also, als ob das Musterbeispiel wie folgt aussieht: Nur wenn wirklich eine sehr große Menge des Betriebsgeheimnisses in die Fähigkeiten des Arbeitnehmers integriert ist, ist die Nutzung dieser Informationen von den Schutzmaßnahmen laut des LSE ausgenommen.
Uns scheint dies jedoch eine viel zu allgemein gehaltene Regel zu sein, die nicht ausreicht, um das Problem des Konflikts zwischen der Wahrung des Betriebsgeheimnisses und des Rechtes des Arbeitnehmers, dieses zu benutzen, wenn es sich dabei um einen Teil seiner erworbenen Kenntnisse und Kompetenzen handelt, zu lösen. Man muss in jedem Fall alle Umstände, die den Fall umgeben, analysieren. Betrachten wir beispielsweise Betriebsgeheimnisse in Bezug auf Herstellungsprozesse, dank derer man ein bestimmtes Produkt schneller und mit einem geringen Prozentsatz an Ausschuss herstellen kann. Solche Kenntnisse werden nicht durch Rechte des geistigen Eigentums geschützt. Sie beruhen auf Erfahrung, der Durchführung von ständigen Verbesserungen des Prozesses, bis eine andere und geheime Arbeitsweise erreicht wird, die einen Wettbewerbsvorteil darstellt. Das Unternehmen gibt dieses Geheimnis an einen Arbeitnehmer weiter, der diese für seine Arbeit benötigt, und sie geht dabei von der Loyalität des Arbeitnehmers aus. Wenn also der Arbeitnehmer diese Kenntnisse auf natürliche und ehrliche Weise in seinen beruflichen Erfahrungsschatz aufnimmt, und nach einer Zeit in einem Konkurrenzunternehmen arbeitet, in dem er dieses Geheimnis offenlegt und benutzt, kann man davon ausgehen, dass der Gebrauch rechtmäßig erfolgt, da er die Erfahrung und die Kenntnisse durch eine natürliche Aufnahme des Betriebsgeheimnisses erworben hat, so dass das Betriebsgeheimnis zu einen Teil seiner Kompetenzen wurde.
Wenn man nun aber die objektiven Folgen dieses Verhaltens betrachtet, so sind diese schwer, denn der neue Arbeitnehmer, der dieses Betriebsgeheimnis kennt und es anwendet, macht damit den Wettbewerbsvorteil zunichte, den das Unternehmen, in dem er vorher eingestellt war, hatte. Unserer Meinung nach sollte man also für eine vollständige und ausgewogene Bewertung des Falls neben der möglichen Integration des Betriebsgeheimnisses in die Kenntnisse und Erfahrungen des Arbeitnehmers auch andere Umstände betrachten, die mehr Klarheit über die Absichten des Arbeitnehmers verschaffen, beispielsweise wie lange er in dem Unternehmen angestellt war, das er verlassen hat, ob es bereits in der Vergangenheit Kontakte des Arbeitnehmers zu dem neuen Unternehmen gab, der Grund für die Neueinstellung. Man sollte auch analysieren, ob dieses Betriebsgeheimnis wirklich und einsichtig in den Fähigkeiten integrierbar ist, oder ob aufgrund der Eigenschaften der Anwendung des Betriebsgeheimnisses die Verwendung von zusätzlichen Informationen, Daten oder Dokumenten notwendig ist, die über den puren Gebrauch der in dem Wissen des Arbeitnehmers enthaltenen Kenntnisse hinausgeht. Andererseits würde das LSE auch an seinem Ziel vorbeischießen, wenn man es nicht auf die Fälle anwenden kann, in denen der Arbeitnehmer das Betriebsgeheimnis als seine wichtigste Währung für seinen beruflichen Aufstieg benutzt, d. h. der Arbeitnehmer greift auf das Betriebsgeheimnis zu, obwohl er die Absicht hat, das Unternehmen zu verlassen, sobald er es sich „angeeignet“ hat. Deshalb dürfen die Absichten des Arbeitnehmers, der sich das Betriebsgeheimnis aneignet, nicht außer Acht gelassen werden. Der Erhalt des Betriebsgeheimnisses ist nur rechtmäßig, wenn der gute Glauben bestätigt werden kann. Wenn also der Arbeitnehmer Loyalität vortäuscht, um an das Betriebsgeheimnis zu gelangen, aber die versteckte Absicht hat, es sich anzueignen und es zu einem späteren Zeitpunkt weiterzugeben, so hat er es unrechtmäßig erworben. Er hat dabei in schlechter Absicht gehandelt und deshalb sollte man nicht einmal die Theorie der Integration des Betriebsgeheimnisses in die Fähigkeiten des Arbeitnehmers anwenden, da man den Artikel 1.3 des LSE nicht vergessen darf, in dem es heißt, dass diese Erlangung der Kenntnisse und Erfahrungen auf ehrliche Weise erfolgen muss.
Ein effizienter Schutz des Betriebsgeheimnisses hängt stark von den Vorbeugemaßnahmen ab, die getroffen werden können. Dazu gehört die Einrichtung von Schutzmaßnahmen und der eingeschränkte Gebrauch während des Arbeitsverhältnisses und auch nach dem Ablaufen des Arbeitsvertrags. Darauf bezieht sich der Artikel 3.2 des LSE, in dem davon ausgegangen wird, dass die Offenlegung des Betriebsgeheimnisses nicht rechtmäßig ist, wenn dabei eine Vertraulichkeitsvereinbarung oder eine andere Verpflichtung zur Wahrung des Geheimnisses verletzt wird. Derartige Vereinbarungen sollten vorzugsweise vor Beginn des Arbeitsverhältnisses getroffen werden. Sollte es jedoch nach dem Eintritt in das Unternehmen zum Auftreten oder zur Offenlegung von Betriebsgeheimnissen kommen, sollte der Arbeitsvertrag geändert werden, bevor industrielle Geheimnisse offengelegt werden, und falls dies nicht möglich ist, sollte diese Änderung sobald wie möglich erfolgen. Das Fehlen dieser Art von Vereinbarungen könnte als fehlende Sorgfalt des Unternehmens beim Schutz des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses interpretiert werden, und es könnten auch Zweifel an der Bedeutung der Informationen oder darüber, ob es sich wirklich um ein Betriebsgeheimnis handelt, aufkommen.
Eduardo Vilá
Vilá Abogados
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8. Januar 2021