Es stellt sich die Frage, ob im Fall einer Kapitalerhöhung in einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die ohne die Einlage von Bargeld durchgeführt wird, die übrigen Gesellschafter Bezugsrecht haben oder nicht.
Dieses Thema wurde vor kurzem von der Hauptabteilung für Rechtssicherheit und öffentliche Beglaubigung (Dirección General de Seguridad Jurídica y Fe Pública / DGSF, vorher Hauptabteilung für Register und Notariate) behandelt. In einem Beschluss vom 7. Februar 2020 wurde der Fall analysiert, in dem eine Gesellschaft mit begrenzter Haftung eine Kapitalerweiterung durch Kreditausgleich durchführte. Das Handelsregister von Madrid beschloss den Eintrag der Urkunde über die Kapitalerhöhung zurückzuweisen, da den Gesellschaftern, die an dieser Operation nicht beteiligt waren, nicht das Bezugsrecht angeboten wurde, das im Artikel 304 des Gesetzes über Kapitalgesellschaften (LSC) vorgesehen ist. Somit wurde ein Grundrecht dieser Gesellschafter verletzt. Und das Handelsregister hielt an diesem Standpunkt fest, obwohl es zwei Beschlüsse der DGSF von 2012 und 2015 gibt, in denen dieses Bezugsrecht ausgenommen wurde, falls diese Kapitalerhöhungen nicht durch Bargeldeinlagen erfolgen. Eines der vorgebrachten Argumente war es, dass, falls den Gesellschaftern dieses Recht nicht gewährt wird, man der absoluten Mehrheit der Aktionäre oder Gesellschafter ein „bequemes Instrument zur Verfügung stellt, um die Beteiligung der Minderheit an der Gesellschaft noch geringer zu machen“.
Es ist tatsächlich so, dass in dem Artikel 93 b) des LSC ein Grundrecht für jeden Gesellschafter und Aktionär vorgesehen ist, bei dem es sich um das Bezugsrecht bei der Schaffung neuer Gesellschaftsbeteiligungen handelt. Deshalb erschließt sich aus der reinen Lektüre dieses Artikels, dass die Ausübung dieses Rechts bei allen Kapitalerweiterungen möglich sein sollte.
Dennoch steht in dem Artikel 304 des LSC: „Bei Erhöhungen des Gesellschaftskapitals mit der Ausgabe von neuen Gesellschaftsbeteiligungen oder neuen Stamm- oder Vorzugsaktien durch die Einlage von Bargeld hat jeder Gesellschafter das Recht, eine Anzahl von Gesellschaftsbeteiligungen zu erwerben oder Aktien zu zeichnen, die einen proportionalen Wert zu dem Nennwert der Beteiligungen in seinem Besitz haben“.
Zunächst muss gesagt werden, dass der Wortlaut des Artikels 304 sowohl für Aktiengesellschaften als auch für Gesellschaften mit beschränkter Haftung gilt. Und im Gegensatz zu dem Inhalt des früheren Gesetzes über Gesellschaften mit beschränkter Haftung aus dem Jahr 1995 schließt das LSC heute das Bezugsrecht für Gesellschafter in dem Fall aus, in dem die Kapitalerhöhung nicht durch Bareinlagen erfolgt. Deshalb ermöglicht es eine Kapitalerhöhung durch Kreditausgleich oder mittels der Einlage von Rechten, beweglichen und nicht beweglichen Gütern eines Gesellschafters den anderen Gesellschaftern nicht, ihr Grundrecht auf das Bezugsrecht auszuüben.
Der Beschluss der DGSF, auf den wir uns beziehen, räumt zwar ohne Zweifel ein, dass der Artikel 304 des LSC eine Einschränkung des Grundrechts des Gesellschafters oder Aktionärs darstellt, aber gleichzeitig wird die Absicht und die Reichweite dieses Artikels, in dem das Bezugsrecht bei Kapitalerhöhungen ohne Bargeldeinlage ausgeschlossen wird, nicht in Frage gestellt Deshalb wird letztendlich auch die Entscheidung des Handelsregisters abgelehnt und der Eintrag der Urkunde über die Kapitalerhöhung angeordnet.
Dennoch wird durch den Beschluss der DGSF dieses Thema nicht vollständig abgeschlossen, denn es bleibt noch die Möglichkeit, auf gerichtlichem Wege diese Entscheidungen über eine Kapitalerhöhung ohne Bargeldeinlage anzufechten, falls diese nicht im Interesse der Gesellschaft sind. Dabei wird auf ein Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 23. Mai 2008 Bezug genommen, in dem auf Hinweise auf bösen Glauben und Rechtsmissbrauch Bezug genommen wird. Stellen wir uns also ein gemeinsames Handeln bestimmter Gesellschafter oder Verwaltungsratsmitglieder im ausschließlichen Interesse eines oder mehrerer Gesellschafter vor, die zu einer Kapitalerhöhung durch Kreditausgleich oder die Einlage von bestimmten Gütern führt, ohne dass dies wirklich im Interesse der Gesellschaft ist. Diese Art von Handlungen kann man als eine Handlung im bösen Glauben oder einen Rechtsmissbrauch betrachten, so dass auch die Anfechtung der Vereinbarung zur Erhöhung des Gesellschaftskapitels vor Gericht möglich wäre. Die Kasuistik kann dabei sehr umfassend sein: Was geschieht, wenn der Wert der immateriellen Anlagen in Frage gestellt werden kann, dieser aber durch den Bericht der Verwaltungsratsmitglieder bescheinigt wird, wie in Artikel 300 vorgesehen? Man könnte auch an Fälle denken, in denen offene Forderungen eingebracht werden, bei denen man jedoch nicht weiß, ob man das Geld wirklich erhalten wird, die jedoch von dem Verwalter aus eigenem Interesse für gut erklärt werden, jedoch im Geheimen. Oder einfach nur eine unnötige Verschuldung durch einen Gesellschafter mit Mehrheitsbeteiligung mit dem mittelfristigen Ziel, diese in Gesellschaftskapital umzuwandeln und so die Beteiligung des oder der Gesellschafter in der Minderheit zu verringern.
Deshalb schließt die DGSF eine mögliche Anfechtung der Entscheidung der Gesellschaft nicht aus, falls diese aufgrund eines Rechtsmissbrauchs oder bösen Glaubens erfolgt. Jedoch kann die Grundlage für die Anfechtung durch einen Gesellschafter, der sein Bezugsrecht nicht ausüben kann, nicht die Verletzung des Artikels 304 des LSC sein, dessen Inhalt und Absichten geklärt sind, sondern die Verletzung des Prinzips des guten Glaubens, der bei der Ausübung von Rechten herrschen sollte, so wie dies im Artikel 7 des Bürgerlichen Gesetzbuches vorgesehen ist. Das bedeutet, dass man in jedem Fall die spezifische Situation und den Hintergrund analysieren muss, um zu entscheiden, ob es eine Möglichkeit gibt, erfolgreich die Entscheidung der Hauptversammlung der Gesellschafter oder Aktionäre anzufechten.
Eduardo Vilá
Vilá Abogados
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20. November 2020