In Spanien kann eine Gesellschaft die Beziehung zu einem bestimmten Gesellschafter beenden, wenn dieser seine Verpflichtungen nicht erfüllt. Artikel 353 des spanischen Gesellschaftsgesetzes („LSC“) sieht ein System zur Bewertung der Anteile des Gesellschafters, zu dem die Gesellschaft die Beziehung beendet vor, wenn zwischen der Gesellschaft und dem Gesellschafter keine Vereinbarung darüber besteht, wie und von wem die Anteile bewertet werden sollen. In diesen Fällen wird der Handelsregisterführer ein unabhängiger Sachverständiger ernennen.
Was die Kosten betrifft, sieht Artikel 355 des LSC Folgendes vor: „Die Vergütung des unabhängigen Sachverständigers wird von der Gesellschaft getragen“, Außerdem wird Folgendes hinzugefügt: „Im Falle der Beendigung der Beziehung zu dem Gesellschafter durch die Gesellschaft kann diese jedoch von dem Betrag, der dem Gesellschafter zu erstatten ist, den Betrag abziehen, der sich aus der Anwendung des Prozentsatzes des Gesellschafters am Gesellschaftskapital auf die gezahlten Gebühren ergibt“.
Die Satzung einer Gesellschaft kann einen Mechanismus für die Bewertung der Anteile in verschiedenen Fällen vorsehen, einschließlich bei Beendingug der Beziehung zu den Gesellschaftern. Dieser Mechanismus kann Folgendes vorsehen:
- Der Zeitwert der Anteile wird der Buchwert, d.h. der Wert, der in der letzten von der Hauptversammlung der Gesellschafter genehmigten Bilanz angegeben ist, und;
- Das Recht des betroffenen Gesellschafters, die Beteiligung eines Wirtschaftsprüfers (nicht unbedingt vom Handelsregisterführer ernannt) zu verlangen, wenn er den Buchwert für unzureichend hält, damit dieser Wirtschaftsprüfer einen Bericht ausstellt, in dem der endgültige Wert der Anteile des auscheidenden Gesellschafters festgelegt wird.
Bei diesem Thema stellt man sich jedoch die Frage, ob es rechtlich möglich ist, in der Satzung festzulegen, dass die Kosten für die Beteiligung des Wirtschaftsprüfers vom auscheidenden Gesellschafter und nicht von der Gesellschaft zu tragen sind, wenn der Gesellschafter die Beteiligung des Wirtschaftsprüfers verlangt hat.
Das Problem wurde von der sogenannten Dirección General de Seguridad Jurídica y Fe Pública (DG) am 28. August 2023 behandelt. Das Handelsregister verweigerte die Eintragung eines Teils einer Satzungsbestimmung, wie oben beschrieben, die auch die Kosten des Wirtschaftsprüfers im Falle des Ausschlusses eines Gesellschafters dem Gesellschafter auferlegte, der die Beteiligung des Wirtschaftsprüfers beantragt hatte (im Sinne des Artikels 355 des LSC).
Die DG hob die Entscheidung des Handelsregisterführers auf und ließ die Eintragung der Satzungsbestimmung zu. Die Begrüngung lautete wie folgt:
- Laut der DG ist der Zeitwert der Anteile der „Marktwert“ (Beschluss der DG vom 6. Februar 2020), der durch Annäherung bestimmt werden muss, da es keinen Markt für Anteile als solche gibt. Zu diesem Zweck müssen dynamische und flexible Bewertungsmethoden akzeptiert werden. Zuvor hatte die DG am 9. Mai 2019 bereits die Möglichkeit verdeutlicht, in der Satzung festzulegen, dass im Falle des Ausschlusses oder der Trennung von Gesellschaftern der Wert der Anteile der Buchwert, der sich aus der Bilanz ergebende Buchwert sein kann.
- Andererseits wird aufgrund des Grundsatzes der Willensfreiheit die Eintragung von Satzungsbestimmungen über die Bewertung von Anteilen im Falle einer freiwilligen Übertragung akzeptiert, auch wenn der Wert nicht mit dem von einem Wirtschaftsprüfer ermittelten Wert übereinstimmt.
- Das in der Satzung festgelete Bewertungssystem unterliegt nur den Begrenzungen, die sich aus der Verkehrssitte, Treu und Glauben und dem Verbot des Rechtsmissbrauchs ergeben.
- Und schließlich ist zu berücksichtigen, dass Artikel 175.2.b) des spanischen Kapitalgesellschaftsgesetzes einen Rechtsschutz für die Festlegung von Bewertungsmechanismen in der Satzung bietet.
Die DG ist der Ansicht, dass die vom Handelsregister abgelehnte Satzungsbestimmung gültig ist und nicht gegen die Vorschrift verstößt, und zwar aus folgenden Gründen:
1) Artikel 355 des LSC ist nicht zwingend, was es den Gesellschaftern ermöglicht, etwas anderes zu vereinbaren, als in diesem Artikel vorgesehen ist.
2) Die Satzungsbestimmung verstößt nicht gegen die in Artikel 28 LSC vorgesehenen Begrenzungen der Parteiautonomie.
Ergänzend zu diesen Argumenten erscheint es sinnvoll, dass die Kosten für den unabhängigen Sachverständiger von dem antragstellenden Gesellschafter getragen werden, da in der (vom Gesellschafter selbst beschlossenen) Satzung eindeutig festgelegt ist, wie hoch der Wert der Anteile im Falle eines Ausschlusses sein muss (der Buchwert), so dass der Antrag des Gesellschafters auf Überprüfung dieses Wertes mit der Begründung, er sei unzureichend, bedeutet, dass etwas, das bereits ursprünglich festgelegt wurde, einer neuen Beurteilung unterzogen wird. Selbst wenn der Sachverständige zu dem Schluss kommt, dass der Buchwert höher ist als der tatsächliche Wert, sollte der antragstellende Gesellschafter auch die Kosten tragen, da er derjenige ist, der die Überprüfung des sich aus der Anwendung der Satzung ergebenden Betrags verlangt und das Risiko des Ergebnisses trägt.
Wir sind der Ansicht, dass der in der Satzung vorgesehene Bewertungsmechanismus nicht von der Gesellschaft festgelegt wird, sondern dass er sich aus dem Willen der Gesellschafter selbst ergibt. Diese anfängliche Willensübereinstimmung schließt die des ausgeschlossenen Gesellschafters ein; und selbst wenn der ausgeschlossene Gesellschafter kein Gründungsgesellschafter wäre, würde die Argumentation dennoch gelten, da derjenige, der die Anteile zu einem späteren Zeitpunkt nach der Gründung der Gesellschaft erwirbt, die Rechte und Pflichten, die in der Satzung festgelegt werden, übernimmt, was unter anderem eine Bestätigung und Übereinstimmung mit dem in der Satzung vorgesehenen Bewertungssystem darstellt. Diese Auffassung gilt unbeschadet der Tatsache, dass die DG in einigen Fällen die Möglichkeit vorgesehen hat, dass die Gesellschafter die in der Satzung vorgesehene Regelung zur Bewertung der Anteile gerichtlich anfechten können; diese Möglichkeit ändert jedoch nichts an dem Gesagten, da es bereits deutlich geworden ist, dass die Satztungsbestimmungen zur Bewertung den rechtlichen Grenzen der Willensautonomie der Parteien und dem Verbot des Rechtsmissbrauchs unterliegen.
Eduardo Vilá
Vilá Abogados
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17. November 2023