Der Verkauf einer Produktionseinheit in Krisenunternehmen stellt vielleicht die wenigste schlechte Lösung für deren Liquidation, da diese die Unternehmensfortführung sowie die Erhaltung von Arbeitsplätzen erlaubt. Man darf jedoch nicht vergessen, dass der Prozess fast immer mit einer erheblichen Forderungsverringerung der Gläubiger einhergeht, insbesondere diejenigen die nicht bevorrechtigten Forderungen haben, die am meisten wegen der Insolvenz des Schuldners geschädigt sind. Allerdings stellt der Verkauf der Produktionseinheit eine Abhilfe für die Gesamtwirtschaft und eine mögliche Entschädigung der Gläubiger, die künftige kommerzielle Geschäfte mit der erworbenen Produktionseinheit entwickeln können. Ein weiteres Argument für den Verkauf der Produktionseinheit, ist die Vermeidung einen fragmentierten Verkauf von Vermögenswerten, der normalweise ein mittelmäßiges oder enttäuschendes Ergebnis für die Gläubiger hat. Bei der Verkauf einer Produktionseinheit kommt an der materiellen und immateriellen Guthaben der Mehrwert der „Unternehmensfortführung“ hinzu. Beim verteilten Verkauf haben die Aktiva einen deutlich geringeren Marktwert, der sich aus ihrem Nutzungszustand und ihrer Verdrängung aus der Produktionseinheit, zu der sie gehörten, ergibt.
Unsere Insolvenzgesetzt hat bereits zahlreiche Änderungen erfahren, die seinen Charakter verändert haben, von seiner ursprünglichen Ausrichtung auf die Schließung und Liquidation von Unternehmen in der Krise zur Befriedigung der Forderungen der Gläubiger bis hin zu einem Instrument für deren kommerzielle und arbeitsrechtliche Sanierung verbunden mit der Optimierung des Liquidationswert. Diese Perspektive verfolgt größtenteils den Richtlinien und Verordnungen der EU. Auf dieser Linie beharrt der Richtlinienvorschlag vom 7. Dezember 2022, in dessen Titel IV die als „Pre-Pack“ bezeichneten Insolvenzverfahren und bestimmte Regeln feststellen, die einen Prozess zur Vorbereitung des Verkaufs von Produktionseinheiten festlegen, mit dem Zweck eine größere Anzahl potenzieller Käufer und Transparenz zu erreichen.
Unter Berücksichtigung der bevorstehenden Verabschiedung der Richtlinie und ihrer Umsetzung in spanisches Recht im Dezember 2023 haben die Handelsgerichte aus Barcelona, eine Reihe allgemeiner Regeln für den Verkauf von Produktionseinheiten im Rahmen eines Insolvenzverfahrens sowie Sonderregel für die Verfolgung des Insolvenzverfahrens „Pre-Pack“ veröffentlicht.
Diese lauten wie folgt:
I.- Allgemeine Regeln
A) Betreibung eines Verkaufs von Produktionseinheiten. Die Neufassung des Insolvenzgesetzes (TRLC) sieht fünf Möglichkeiten vor:
(i) Im Rahmen eines Umstrukturierungsplans
(ii) Im Rahmen eines Kontinuitätsplans (für Kleinstunternehmen)
(iii) Per Antrag auf Ernennung eines Aufsichtsexperten („Pre-Pack“-Fälle)
(iv) Durch ein verbindliches Angebot vor der Antrag des Insolvenzverfahrens
(v) Während der gemeinsamen Phase des Insolvenzverfahrens, des Zwangsvergleichs oder der Liquidation
Die Handelsrichter von Barcelona sind sich darüber im Klaren, dass der Weg, die Vorbereitung einen Verkauf durch Ernennung eines Aufsichtsexperten grundsätzlich unvereinbar mit dem Weg, die Insolvenzerklärung mit einem verbindlichen Angebot sei. Diese Vorbereitung ist jedoch mit dem in den Art. 585 ff. TRLC vorgesehen Weg d.h. Mitteilung zur Eröffnung von Verhandlungen mit Gläubigern (vorher „pre-pack genannt) vereinbar.
B) Voraussetzung und Bindung zur Fortführung.
Allen Formen des Verkaufs der Produktionseinheit ist gemeinsam, dass der Bieter sich verpflichtet, die Tätigkeit fortzusetzen oder wieder aufzunehmen. In anderem Fall wird er gegenüber allen Betroffenen schadensersatzpflichtig sein. Es stellt sich jedoch die berechtigte Frage, wie lange der Käufer mit dieser Verpflichtung verbunden ist. Die Feststellung dieser Dauer kann zu Konflikten führen. In jedem Fall wird der Insolvenzrichter für die Anhörung einer Haftungsklage aus einem solchen Grund zuständig sein.
C) Nachweisung des besten Interesses der Gläubiger.
Der Insolvenzverwalter oder der Aufsichtsexperte muss begründen, dass der Verkauf der Produktionseinheit angesichts einer fragmentierten Liquidation dem besten Interesse der Gläubiger entspricht. An dieser Stelle müssen wir uns darüber im Klaren sein, dass diese Aufgabe äußerst schwierig und heikel sein kann, wenn die Optionen zwischen den beiden gleichwertig sind oder es schwierig ist, sich die wirtschaftliche Durchführbarkeit der Produktionseinheit vorzustellen. Im „Pre-Pack“-Verfahren scheint die Begründung in der endgültigen Stellungnahme enthalten zu sein, es ist jedoch kohärenter, dass sie vor Beginn des Verkaufsprozesses stattgefunden hat, der einem Informationsverfahren und einem möglichen Widerspruch seitens der beteiligten Parteien unterliegen würde, und nicht am Ende des Prozesses.
D) Bieter: eng mit dem Schuldner verbundene Parteien
Im Sinne der Artikel 224.2 und 224 septies TRLC können natürliche oder juristische Personen, die in enger Verbindung zum Schuldner stehen, Übernahmeangebote unterbreiten, wenn drei Voraussetzungen erfüllt sind:
- Offenlegung der Art der Verbindung
- Dass die anderen am Verkaufsprozess beteiligten Parteien über dessen Existenz und Art der Verbindung informiert werden.
- Dass die Parteien, die nicht in engere Verbindung zum Schuldner stehen, ausreichend Zeit haben, ein Kaufangebot vorzulegen
E) Werbung und Vertraulichkeit
In jedem der fünf Vertriebskanäle sorgt der Insolvenzverwalter oder der Aufsichtsexperte für die nötige Werbung für den Verkaufsprozess, entweder über das Insolvenzliquidationsportal des öffentlichen Insolvenzregisters oder einen anderen Kanal oder Portal, das die Möglichkeit des Verkaufs aus der größten Anzahl von Bietern erlaubt. Die Werbung muss den Wert der Produktionseinheiten nicht beeinträchtigen. Diese letzte Aussage mag insofern etwas kindisch erscheinen, als die Offenlegung von Informationen über die Produktionseinheit positive und andere negative Aspekte umfasst, wobei letztere möglicherweise gewisse negative Auswirkungen haben werden, trotz ihrer Offenlegung im Interesse des Grundsatzes von Transparenz erforderlich ist. Und obwohl die Zurücknahme von Informationen, die ihre Schädlichkeit belegen, zulässig ist, handelt es sich bei der Abhilfe um rein kosmetischer Natur, da der Schaden bereits verursacht wurde, sobald die Auskunft an die Öffentlichkeit gelangt ist.
F) Vorzugserwerbsrecht
Bietervorrechte werden nicht gewährt oder zugelassen.
G) Gewerbliche und geistige Eigentumsrechte
Der Insolvenzverwalter oder der Sachverständiger stellt sicher, dass der Verkauf der Produktionseinheit nicht von einer gerichtlichen Entscheidung über Lizenzverträge für gewerbliche oder geistige Eigentumsrechte abhängt. Und sollte dies trotz allem der Fall sein, sorgen sie dafür, dass der Schuldner mit den Lizenznehmern der Rechte verhandelt.
H) Konzentrationskontrolle
Angebote von Bietern, die eine Genehmigung der Wettbewerbsbehörden benötigen, können bei der Auswahl nicht berücksichtigt werden, insbesondere wenn das Risiko einer Ablehnung der Genehmigung ein erhebliches Risiko für die Produktionseinheit selbst und die Wiedererlangung der Gläubiger ihrer Kredite mit sich bringt.
I) Beschwerden
Gegen die Anordnung, mit der der Verkauf der Produktionseinheit oder eines Teils davon genehmigt wird, ist kein Rechtsmittel möglich.
II.- Besondere Regeln für das Insolvenzverfahren von „Pre-Pack“.
Im „Pre-Pack“-verfahren wird Folgendes berücksichtigt:
A) Der Sachverständiger wird vom Insolvenzrichter auf Anordnung, auf Vorschlag des Schuldners oder des Richters selbst unter Anwendung der Auswahlkriterien eines Insolvenzverwalters ernannt. Dieser Sachverständiger wird nach der Insolvenzerklärung einen Insolvenzverwalter sein.
Ihre Aufgaben sind mit Ausnahmen Überwachung und Warnung und dürfen nicht in die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnisse des Schuldners über sein Vermögen eingreifen. Er muss außerdem eine gutachtliche Stellungnahme dazu abgeben, ob das beste erhaltene Angebot angesichts einer fragmentierten Liquidation den besten Interessen der Gläubiger entspricht und ob der Verkauf auf transparente Weise, zu gleichen Bedingungen für die Bieter und in geeigneter Weise erfolgt ist, um sicherzustellen, dass das angenommene Angebot einigermaßen das Beste des Markts ist. In Ausnahmefällen kann er den Verkaufsverfahren auch direkt durchführen.
B) Verfahrensablauf
Der Verkaufsvorbereitungsprozess endet mit der Abgabe der oben genannten Gutachten. Anschließend wird der Konkurs auf Antrag des Schuldners erklärt, wobei das Gutachten des Sachverständiges beizufügen ist. Im Beschluss zur Insolvenzerklärung oder in einem anderen unmittelbar darauffolgenden Beschluss eröffnet der Richter das gerichtliche Genehmigungsverfahren, in dem neue Angebote nicht zugelassen werden und eine Frist von 3 bis 10 Tagen für Behauptungen von Gläubigern und Arbeitnehmern eingeräumt wird. Die Genehmigung des Verkaufs unterliegt der Überprüfung, dass der Verkaufsprozess wettbewerbsfähig, transparent und fair war und den Insolvenzvorschriften entspricht.
Von besonderem Interesse ist die Behandlung der Unternehmens Arbeitsnachfolge, da sich die Handelsrichter auf die im Urteil des Obersten Gerichtshofs der Europäischen Union vom 28. April 2022 festgelegten Kriterien berufen. (VERKNÜPFUNG) Es legt die Möglichkeit die Arbeitsnehmerrechten zu ausnehmen unter Berücksichtigung das doppelte Ziel, mit dem Verkauf der Produktionseinheit eine größtmögliche Zahlung für die Gläubiger zu erreichen und Arbeitsplätze zu erhalten, jedoch stets unter der Voraussetzung, dass das Verfahren in Übereinstimmung mit den für das „Pre-Pack“-Verfahren geltenden Vorschriften und gesetzlichen Bestimmungen.
Unserer Meinung nach wäre diese Möglichkeit in Umständen gegeben, die wir als außergewöhnlich bezeichnen könnten, wenn die Aufrechterhaltung der Arbeitsrechte einen erheblichen Schaden für den Marktwert der Produktionseinheit. Auch wenn diese ein praktisch unüberwindbares Hindernis für die Vorlage eines gegebenen Angebots darstellen würde wegen einer unerträglichen Belastung für die Kontinuität oder Wiederaufnahme der kommerziellen Aktivitäten der Produktionseinheit. In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, wie wichtig die Analysepflicht des Gutachters bei der Abwägung der tatsächlichen Verkaufsbedingungen der Produktionseinheit und seine Fähigkeit sind, die Marktbedingungen und die aktuelle allgemeine oder besondere Wirtschaftslage zu erkennen. Ein großer Teil des Erfolgs des Verfahrens wird in der Fachkompetenz des Gutachters oder des Insolvenzverwalters liegen.
Eduardo Vila
Vilá Abogados
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16. Februar 2024