Bis jetzt gab es keine spezifische europäische Regelung mit Ziel des Schutzes der Geschäftsgeheimnisse vor illoyalen Praktiken widerrechtlicher Aneignung, Kopie, Diebstahl, Spionage, etc. Es geht um die technischen Kenntnisse und unternehmerische Informationen von großem Wert, die nicht veröffentlicht und auch nicht registerrechtlich geschützt werden und die man geheimhalten möchte. Es ist richtig, dass die TRIPS-Vereinbarung, in die Wege geleitet durch die Weltwirtschaftsorganisation, die durch die Europäische Union mit Ratsentscheidung 94/800 angenommen wurde, ein erster Schritt nach vorn war, um eine Abhilfe für die erwähnten Praktiken zu schaffen, wenn auch die Mitgliedsstaaten in ihrer Definition von Geschäftsgeheimnis und der illegalen Erlangung eines solchen, nicht übereinstimmen. Es bestehen unterschiedliche Normen und verschiedenartige Zivilprozesse für den Fall des Diebstahls von Geschäftsgeheimnissen und der Aufdeckung dieser.
Um einen einheitlichen Schutz der Geschäftsgeheimnisse in der EU sicherzustellen, haben das Parlament und der Rat der EU am 8. Juni 2016 die Richtlinie 2016/943 über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen
(Geschäftsgeheimnisse) vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung angenommen, die am 5. Juli 2016 in Kraft getreten ist.
Was sind Geschäftsgeheimnisse?
Die Richtlinie definiert als „Geschäftsgeheimnis“ die (technische oder unternehmerische) Information, die die folgenden Voraussetzungen erfüllt:
(a) Sie sind in dem Sinne geheim, dass sie weder in ihrer Gesamtheit noch in der genauen Anordnung und Zusammensetzung ihrer Bestandteile den Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen, allgemein bekannt oder ohne weiteres zugänglich sind.
(b) sie sind von kommerziellem Wert, weil sie geheim sind.
(c) sie sind Gegenstand von den Umständen entsprechenden angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen durch die Person, die die rechtmäßige Kontrolle über die Informationen besitzt.
Es ist wichtig, hervorzuheben, dass die Richtlinie einige De-minimis Schutzparameter festlegt, sodass die Mitgliedsstaaten bei der Übernahme der Richtlinie einen weiteren Schutz beschließen können, solange sie die Regelungen der Richtlinie zur erlaubten Erlangung, Benutzung und Aufdeckung dieser einhalten.
Die Richtlinie verbietet die Benutzung oder Aufdeckung von Know-How Geschäftsgeheimnissen durch Dritte nicht, sondern macht die Illegalität davon abhängig, wodurch diese verwirklicht wird.
Dem folgend ist die Benutzung oder Aufdeckung erlaubt, wenn die Informationen auf eine der folgenden Weisen erlangt wird:
(1) Beobachtung, Untersuchung, Rückbau oder Testen eines Produkts oder Gegenstands, das bzw. der öffentlich verfügbar gemacht wurde oder sich im rechtmäßigen Besitz des Erwerbers der Information befindet, der keiner rechtsgültigen Pflicht zur Beschränkung des Erwerbs des Geschäftsgeheimnisses unterliegt.
(2) Inanspruchnahme des Rechts der Arbeitnehmer oder Arbeitnehmervertreter auf Information und Anhörung gemäß dem Unionsrecht sowie gemäß den Rechtsvorschriften und den Gepflogenheiten der Mitgliedstaaten.
(3) Jede andere Vorgehensweise, die unter den gegebenen Umständen mit einer seriösen Geschäftspraxis vereinbar ist.
Die Richtlinie öffnet durch diese Art der Regelung Tür und Tor für sehr unterschiedliche Regelungen in der Materie durch die Mitgliedstaaten, indem sie annimmt, Erlangung, Gebrauch und Aufdeckung von Geschäftsgeheimnissen seine legal, wenn dies das Recht der EU oder ihrer Mitgliedstaaten erlaubt.
Im Gegensatz hierzu ist die Erlangung von Geschäftsgeheimnissen illegal, wenn diese erfolgt durch:
(1) unbefugten Zugang zu, unbefugte Aneignung oder unbefugtes Kopieren von Dokumenten, oder Korrespondenz, ohne Erlaubnis durch den Inhaber, die das Geschäftsgeheimnis enthalten oder von welchen man dieses ableiten kann.
(2) jedes sonstige Verhalten, das unter den jeweiligen Umständen als mit einer seriösen Geschäftspraxis nicht vereinbar gilt.
Ebenfalls als rechtswidrig gilt die Nutzung oder Aufdeckung eines Geschäftsgeheimnisses, wenn die betreffende Person:
(1) das Geschäftsgeheimnis rechtswidrig erworben hat.
(2) gegen eine Vertraulichkeitsvereinbarung oder eine sonstige Verpflichtung, das Geschäftsgeheimnis nicht offenzulegen verstößt.
(3) gegen eine vertragliche oder sonstige Verpflichtung zur Beschränkung der Nutzung des Geschäftsgeheimnisses verstößt.
Der Erwerb, die Nutzung oder die Offenlegung eines Geschäftsgeheimnisses gilt auch dann als rechtswidrig, wenn eine Person zum Zeitpunkt des Erwerbs wusste oder hätte wissen müssen, dass sie es von einer Person erhalten hat, die es rechtswidrig benutzt oder offengelegt hat.
Schließlich ist das Herstellen, Anbieten oder Inverkehrbringen von rechtsverletzenden Produkten oder die Einfuhr, Ausfuhr oder Lagerung von rechtsverletzenden Produkten für diese Zwecke rechtswidrig, wenn die Person, die diese Tätigkeiten ausführt, wusste oder hätte wissen müssen, dass das Geschäftsgeheimnis rechtswidrig genutzt wurde.
Schutzmaßnahmen und Verfahren
Die Mitgliedstaaten sehen die Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe vor, die erforderlich sind, um einen zivilrechtlichen Schutz für den Fall der Rechtsverletzung zu garantieren.
Dennoch ist die Richtlinie diesbezüglich sehr unklar, indem sie lediglich allgemeine Prinzipien festlegt, deren Erwähnung aufgrund ihrer inhärenten Logik unnötig ist:
- Sie werden gerecht, unkompliziert, wirksam und abschreckend sein.
- Sie werden angemessen sein und eine Behinderung des europäischen Binnenmarktes vermeiden
- Es werden Maßnahmen gegen den Missbrauch der Maßnahmen vorgesehen. In diesem Sinne wird gefordert, dass die Mitgliedstaaten über Entschädigungsverfahren für die beklagte Seite verfügen, sowie über Sanktionsverfahren für die unberechtigten Kläger und Anordnungen der Veröffentlichung der in solchen Verfahren getroffenen Entscheidungen.
Vorläufige und vorbeugende Maßnahmen
Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die zuständigen Gerichte auf Antrag des Inhabers des Geschäftsgeheimnisses eine der folgenden vorläufigen und vorbeugenden Maßnahmen gegen den angeblichen Rechtsverletzer anordnen:
(a) Vorläufige Einstellung oder gegebenenfalls vorläufiges Verbot der Nutzung oder Offenlegung des Geschäftsgeheimnisses.
(b) Verbot des Herstellens, Anbietens, Vermarktens oder der Nutzung rechtsverletzender Produkte oder der Einfuhr, Ausfuhr oder Lagerung rechtsverletzender Produkte für diese Zwecke.
(c) Beschlagnahme oder Herausgabe der mutmaßlich rechtsverletzenden Produkte, um deren Inverkehrbringen oder ihren Umlauf im Markt zu verhindern.
Die Richtlinie legt dem Antragsteller nicht die Pflicht auf, eine Sicherheit zu hinterlegen, sondern überlässt diese Frage den Mitgliedstaaten.
Dennoch stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die Gerichte als Alternative die Fortsetzung der angeblich rechtswidrigen Nutzung eines Geschäftsgeheimnisses an die Stellung von Sicherheiten knüpfen können. In jedem Fall darf die Offenlegung eines Geschäftsgeheimnisses gegen die Stellung von Sicherheiten nicht erlaubt werden.
Verjährungsfristen der Maßnahmen
Die Verjährungsfristen betragen in keinem Fall weniger als 6 Jahre.
Schadensersatz
Bei der Festlegung von Schadensersatz für Schäden durch die rechtswidrige Erlangung, den Gebrauch oder die Aufdeckung von Geschäftsgeheimnissen müssen die Gerichte der Mitgliedstaaten folgenden Faktoren beachten:
- Negative wirtschaftliche Folgen, einschließlich entgangener Gewinne
- Durch den Rechtsverletzer erzielte unlautere Gewinne.
- Andere als wirtschaftliche Faktoren, wie den immateriellen Schaden, obwohl die Richtlinie dieses Konzept nicht genauer definiert und bezüglich dessen man sich nach den Gesetzen, der Rechtsprechung und der Doktrin der Mitgliedstaaten richten muss.
Umsetzung der Richtlinie
Die Richtlinie muss durch die Mitgliedstaaten bis zu, 9. Juni 2018 umgesetzt werden.
Eduardo Vilá
Vilá Abogados
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29. Juli 2016