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Am 4. Oktober dieses Jahres fällte der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) ein Urteil in der Rechtssache C 621/22 in Beantwortung eines Vorabentscheidungsersuchens des Gerichts erster Instanz von Amsterdam in Bezug auf die Auslegung von Artikel 6 der Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO).

Die Petition wurde im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem niederländischen Tennisverband (KNLTB) und der holländischen Datenschutzbehörde (DPA) eingereicht.

Im Jahr 2018 übermittelte der KNLTB personenbezogene Daten seiner Mitglieder an zwei Unternehmen, die Sponsoren des Verbandes waren. Das erste Unternehmen verkaufte Sportausrüstung, das zweite war der größte Anbieter von Glücksspielen und Kasinos in den Niederlanden.

Die personenbezogenen Daten, die zum Zweck der Durchführung einer Telefonkampagne übermittelt wurden, umfassten neben Namen, Kontaktdaten und Adressen der Mitglieder auch deren Geburtsdaten, Festnetznummern, Handynummern und E-Mail-Adressen sowie die Namen der Tennisclubs, in denen sie Mitglied sind.

Aufgrund zahlreicher Klagen von Mitgliedern des KNLTB verhängte die Datenschutzbehörde eine Geldstrafe von 525.000 Euro gegen den Verband. Der KNLTB legte gegen diese Sanktion formell Berufung beim Gericht erster Instanz in Amsterdam ein und machte geltend, dass die Übermittlung dieser personenbezogenen Daten auf einem berechtigten Interesse beruhte, wodurch es dem Verband gestattet war, Verbindungen zu seinen Mitgliedern herzustellen und ihnen Vorteile in Form von Angeboten zu bieten.

Um den Begriff des „berechtigten Interesses“, wie er in Artikel 6 Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe f der Datenschutz-Grundverordnung definiert ist, richtig auszulegen, setzte das Gericht erster Instanz in Amsterdam das Verfahren aus und legte dem EuGH die folgenden Fragen vor:

 

 

  • Wie sollte [das Gericht erster Instanz] den Begriff des „berechtigten Interesses“ [im Sinne von Artikel 6 Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe f) DSGVO] auslegen?

 

  • Ist die Auslegung des KNLTB richtig? Handelt es sich ausschließlich um Interessen, die gesetzlich anerkannt sind, die gesetzlich sind und/oder die gesetzlich definiert sind?

 

  • Ist ein Interesse legitim, wenn es nicht rechtswidrig ist? Oder konkreter: Kann unter bestimmten Umständen ein rein kommerzielles Interesse, einschließlich des Interesses, um das es im vorliegenden Fall geht, nämlich die entgeltliche Übermittlung personenbezogener Daten ohne die Einwilligung der betroffenen Person, ein berechtigtes Interesse darstellen? Wenn ja, welche Umstände bestimmen, ob ein rein kommerzielles Interesse ein berechtigtes Interesse darstellt?

Auf die Vorabentscheidungen hat der EuGH wie folgt geantwortet:

Hinsichtlich der richtigen Auslegung des Begriffs des berechtigten Interesses hat der EuGH darauf hingewiesen, dass es sich um einen weit gefassten Begriff handelt, der nicht auf gesetzlich definierte Interessen beschränkt ist. Vielmehr kann der Begriff auch kommerzielle Interessen umfassen, sofern diese stets den Anforderungen der Rechtmäßigkeit, Transparenz und Loyalität entsprechen.

In Bezug auf den Grundsatz der Erforderlichkeit und der Datenminimierung kam der EuGH zu dem Schluss, dass geprüft werden muss, ob das „berechtigte Interesse“ an der Verarbeitung der Daten nicht ebenso wirksam durch andere, weniger verletzende Methoden erreicht werden kann, wobei die Grundrechte und Grundfreiheiten der Personen zu beachten sind und der Schwerpunkt auf dem Recht auf Privatsphäre und dem Schutz personenbezogener Daten liegt. Ebenso hat der EuGH die Bedeutung der Unterrichtung der betroffenen Personen betont und ihnen damit die Kontrolle über die Verwendung ihrer personenbezogenen Daten gegeben.

Bei der Beantwortung der Frage, welche Interessen als legitim angesehen werden können, müssen die berechtigten Erwartungen der betroffenen Person sowie der Umfang und die Auswirkungen der Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten berücksichtigt werden. Es ist unbedingt zu prüfen, ob die Mitglieder des Tennisverbands vernünftigerweise erwarten können, dass ihre Daten zu Werbezwecken an Sponsoren weitergegeben werden.

Der EuGH stellte abschließend fest, dass berechtigte Interessen nicht automatisch als Grundlage für die Verarbeitung personenbezogener Daten ohne die Einwilligung der betroffenen Personen dienen und dass in jedem Fall eine fallbezogene Analyse erforderlich ist. Ebenso bekräftigte der EuGH, dass das Recht auf Datenschutz nicht für wirtschaftliche Interessen geopfert werden darf, die nicht unbedingt notwendig oder verhältnismäßig sind.

 

 

 

Oscar Vilá

Vilá Abogados

 

Für weitere Informationen, wenden Sie sich an:

va@vila.es

 

31. Oktober 2024