Der Unterzeichnung eines Vertrages geht in der Regel eine Verhandlungsphase zwischen den Parteien voraus. In dieser Phase werden Ideen ausgetauscht und Positionen schrittweise angegangen, bis die Elemente definiert sind, die den zukünftigen Vertrag ausmachen werden. Alle diese Akte, die darauf abzielen, ein verbindliches Abkommen zu erzielen, werden als „Vorverhandlungen“ oder „Vorbereitungsakte“ bezeichnet.

Aus Vorverträgen selbst ergeben sich wahrscheinlich keine Verpflichtungen für die Parteien, daher können sie sich im Allgemeinen frei aus den Verhandlungen zurückziehen, ohne Gefahr zu laufen, irgendeine Art von Haftung einzugehen. Im Verlauf der Verhandlungen und der Festlegung der Ziele ihrer Vertragsbeziehung durch die Parteien kann es jedoch vorkommen, dass, obwohl der Vertrag noch nicht formalisiert wurde, aus den von den Parteien getroffenen Handlungen oder Abkommen bereits ein Vorvertrag sich ergeben kann.

Der Vorvertrag stellt im Gegensatz zu Vorverhandlungen einen vollwertigen Vertrag dar, weshalb er die Parteien zur Einhaltung der Vereinbarung verpflichtet, unter Androhung der Vertragshaftung. Es handelt sich also nicht um eine weitere Phase der Vorverhandlungen, sondern setzt eine spätere Phase voraus, deren Entstehung die Vorverhandlungen endgültig beendet.

Die Trennlinie zwischen Vorgeschäft und Vorvertrag wird vielfach als zu diffus dargestellt. Vor diesem Hintergrund ist jeweils die Rechtsnatur des zwischen den Parteien vermittelten Verhältnisses zu analysieren, um festzustellen, ob es sich um einen Vorvertrag oder andernfalls um bloße Vorverhandlungen handelt.

Zu diesem Zweck hat die Rechtsprechung eine Reihe von Kriterien aufgestellt, anhand derer wir erkennen können, wann davon auszugehen ist, dass ein Vorvertrag vorliegt. Als Beispiel ist das Urteil des Obersten Gerichtshofs 913/2021 vom 23. Dezember 2021, das Folgendes feststellt, besonders anschaulich:

(i) Der Vorvertrag ist das Projekt eines Vertrags in dem Sinne, dass die Parteien die endgültigen Verträge derzeit nicht abschließen wollen oder können und sich verpflichten, ihren Abschluss für die Zukunft wirksam zu machen;

(ii) Es enthält bereits die Elemente des endgültigen Vertrags, dessen Abschluss die Parteien aufschieben;

(iii) Es ist bereits ein vollständiger Vertrag, der seine Grundzüge und alle Anforderungen enthält, wobei die Parteien verpflichtet sind, zusammenzuarbeiten, um den endgültigen Vertrag zu erstellen;

(iv) Das verbindliche Rechtsverhältnis wird im Vorvertrag geboren und zu einem späteren Zeitpunkt wird der vorbereitete Vertrag in Kraft gesetzt; und

(v) Es bedarf keiner weiteren Tätigkeit der Parteien, um die im Vorvertrag enthaltenen Vertragsgrundlagen zu entwickeln, da ihre Willenserklärung ausreicht, damit der Vertrag endgültig und für die Parteien bindend wird, ohne dass weitere Maßnahmen erforderlich sind.

Es gibt also zwei wesentliche Elemente, die vorhanden sein müssen, um davon auszugehen, dass ein Vorvertrag vorliegt:

(1) Der Vorvertrag muss alle Elemente und Bestimmungen des endgültigen Vertrags enthalten.

(2) Die Durchführung des endgültigen Vertrages bedarf keiner weiteren Zustimmung der Parteien, die bereits im Vorvertrag zum Ausdruck kommt.

In dem vom Gericht analysierten Fall wurde diskutiert, ob das Angebot eines Unternehmens an einem Leiter zur Besetzung des Vorstandspostens (das von dieser stillschweigend angenommen worden war) überhaupt einen Vorvertrag darstellen könnte. Das Gericht war der Ansicht, dass dies der Fall war, da das Angebot, das dem Geschäftsführer per Schreiben übermittelt wurde, alle grundlegenden Vertragselemente enthielt, d. h. die Tatsache seiner Ernennung zum Vorstandsmietglied, die Vergütungsbedingungen dieser Ernennung, das Datum der Ernennung sollte Platz haben usw. Anschließend übersandte das Unternehmen dieser Person  Unternehmensauskünfte die für das Gericht endgültig das Vorliegen einer formellen und schlüssigen Zusage beider Parteien bestätigten, dass diese Person die Position von Vorstandsmietglied des Unternehmens bekleiden würde.

In diesem Fall war es für den Abschluss des getroffenen Abkommens, also für die förmliche Durchführung der Bestellung, zunächst erforderlich, dass die Hauptversammlung der Gesellschaft der Bestellung zustimmt und der Bestellter die Kündigung Ihres Arbeitsvertrages führte. Die Bestellung kam nicht zustande, weshalb der Leiter die entsprechende Vertragsverletzungsklage einreichte, der stattgegeben wurde.

Die Nichteinhaltung des Vorvertrags berechtigt den Geschädigten, entweder die Erfüllung des Vorvertrags oder dessen Auflösung mit entsprechendem Ersatz des verursachten Schadens zu verlangen. Der Anspruch auf Schadensersatz ergibt sich jedoch nicht unmittelbar aus der Verletzung, sondern ist das Produkt der effektiven Schadensentstehung. Daher ist der Geschädigte, der Schadensersatz wegen Verletzung eines Vorvertrags verlangen will, verpflichtet, das Bestehen dieses Schadens nachzuweisen.

 

 

Joan Lluís Rubio

Vilá Abogados

 

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2. Dezember 2022