Welche juristische Personen haften in Spanien?

  • Das Prinzip der “societas delinquere non potest” galt bis Inkraftreten des Gesetzes 5/2010 vom 22. Juni 2010 zur Änderung des Strafgesetzbuches („StGb“).
  • Mit der Aktualisierung des erwähnten Gesetzes werden die entsprechenden Tatbestände der privatrechtlichen juristischen Personen (Handelsgesellschaften) sowie die entsprechenden Ausnahmen und Milderungsgründen festgesetzt.

Bestimmungen über die strafrechtliche Verfolgung von juristischen Personen sind nicht an Staat, regionale Öffentliche Einrichtungen, Regelungsorgane, Agenturen und Körperschaften Öffentlichen Rechts, Internationale Organisationen Öffentlichen Rechts oder sonstigen anderen mit Hoheits- oder Verwaltungsmacht, anzuwenden.

Welche Tatbestände bedeuten eine strafrechtliche Haftung von juristischen Personen?

„Der faktische und der rechtliche Geschäftsführer einer juristischen Person, oder wer im Namen oder in rechtlicher oder freiwilliger Vertretung einer anderer Person agiert, haftet persönlich, auch wenn er nicht die Bedingungen, Eigenschaften oder Beziehungen als Täter der entsprechenden Straftat erfüllt, wenn diese Eigenschaften von der Einrichtung oder Person in dessen Namen oder Vertretung er agiert, erfüllt werden „(Art 31 CP).

Juristische Personen haften strafrechtlich in folgenden Fällen:

  • Für Straftaten, die in deren Namen und Verrechnung, sowie mittel- oder unmittelbar in deren Gunsten, von deren gesetzlichen Vertretern oder von Personen mit Entscheidungsbefugnissen begangen wurden (Art. 31 bis. 1.a StGb).
  • Wenn die Straftat von anderen Personen (Arbeitnehmer), die unter der Aufsicht der oben genannten Personen gestellt sind, und als Folge einer erheblichen Verletzung der Aufsicht- und Kontrollpflichten der oben genannten Personen, unter Berücksichtigung der konkreten Umstände, begangen worden sind (Art. 31 bis. 1.b StGb).

Welche Strafen können den juristischen Personen auferlegt werden?

Folgend werden die verschiedenen Strafen, die als schwere Strafen betrachtet werden, dargelegt:

  • Geldstrafen
  • Auflösung der juristischen Person
  • Einstellung der Aktivitäten
  • Schließung der Installationen und Betriebstellen
  • Verbot zur Durchführung der Aktivitäten im Rahmen welcher die Straftaten begangen wurden
  • Nichteignung zum Erhalt von Subventionen und staatliche Beihilfen bezüglich Begünstigungen und Steuer und Sozialversicherungsquoten
  • Gerichtliche Intervention

Wie kann man eine Verurteilung vermeiden?

Wenn die Straftat im Namen der Firma oder von deren gesetzlichen Vertreter oder von Personen mit Entscheidungsbefugnis begangen worden sind, ist die juristische Person bei Erfüllung folgender Bedingungen der strafrechtlichen Haftung befreit (Art. 21 bis. 2 StGb).

Das Verwaltungsorgan hat vor Begehen der Straftat wirksame Organisierungs- und Managementmodelle eingeführt, die entsprechende Aufsicht- und Kontrollmaßnahmen zur Vermeidung dieser Straftaten oder das Risiko des Begehens der Straftat erheblich verringern, beinhalten.

A.- Einführung eines Compliance Programms

Die Aufsicht und Kontrolle der Erfüllung des eingeführten Vorbeugungsmodells ist einem Organ der juristischen Person mit autonomen Befugnissen der Initiative und Kontrolle auferlegt worden.

B.- Einführung eines Compliance Officers

Täter begehen die Straftat in dem sie unrechtsmäßig die Modelle zur Organisierung und Vorbeugen vermeiden.

Unter Nachweis, dass der Täter die internen Kontrollen der Firma verletzte, ist die Firma von der strafrechtlichen Haftung befreit.

Keine Unterlassung Aufsicht- und Kontrollpflichten der befugten Person stattgefunden hat.

C.- Beweiserhebung der Erfüllung

Bei Tätern die nicht Vertretungspositionen bekleiden (Arbeitnehmer)ist die juristische Person von dessen Haftung befreit, wenn vor Begehens der Straftat, ein entsprechendes Programm zur Organisierung und Management zur Vorbeugung von Straftaten oder deren Effekte möglichst zu vermeiden, eingeführt worden ist.

Bei juristischen Personen kleinerer Natur (beispielsweise diejenigen welche Jahresabschlüsse in verkürzter Form vorlegen dürfen können Aufsicht- und Kontrollfunktionen direkt vom Führungsorgan übernommen werden (Art. 31 bis.3 StGb).

Vorraussetzungen eines Compliance Programms

Folgende Voraussetzungen sind von einem Compliance Programm zu erfüllen (Art. 31 bis. 5 StGb):

  • Identifikation der Aktivitäten in denen Straftaten begangen werden können: “Risikoaufstellung”
  • Bestimmung der Protokolle oder Verfahren zur Bildung des Willens der juristischen Person: “Politik / Handlungsprotokoll”
  • Anschaffung der Managementmodelle für finanzielle Ressourcen: “Finanzielle Ressourcen”
  • Pflicht zur Berichterstattung an die zuständigen Behörden bezüglich etwaiger Risiken und Pflichtverletzungen: “Berichterstattungskanal”
  • Disziplinarmaßnahmen um Verstöße zu bestrafen: “Disziplinarsystem”
  • Regelmäßige Revision des Programms bzw. Änderungen bei Bekanntgabe von erheblichen Verstößen oder Änderungen in der Organisierung: “System zur regelmäßigen Revision”

Phasen des Compliance Programms

Kenntnis der Situation und Anfertigung des Aktionsprogramms:

・Kenntnis der aktuellen Lage

  • Identifizierung der Betriebsprozesse und deren Kontrolle
  • Analyse der Risiken: Risikoaufstellung
  • Programm zur Bestimmung eines Modells zur Vorbeugung von Straftaten

・Unterlagen und Bereitstellung von Kontrollfunktionen

  • Unterlagen der Verfahren und Kontrolle
  • Unterlagen zur Betriebspolitik
  • Anfertigung von Kontrollen zur Milderung der Risiken
  • Anfertigung von Systemen zur Kontrollaufsicht
  • Anfertigung eines Programms zur Kommunikation und Bildung

・Durchführung und Einschätzung des Programms

  • Einführung und Ingangsetzung eines Programms zur Durchführung von Kontrollen
  • Einschätzung des Programms

・Regelmäßige Aufsicht:

  • Regelmäßige Kontrollen
  • Einführung von Verbesserungen im System zur Vorbeugung von Straftaten

Welche Handlungen nach Begehen der Straftat können als Milderung der Haftung anerkannt werden? (Art. 31 Quater StGb)

  • Bekennung der Straftat vor den Behörden bevor Kenntnis des Gerichtsverfahren gegen die juristische Person.
  • Kollaboration in der Untersuchung der Tatsachen mittels der Einreichung von entscheidenden Beweismittel.
  • Den verursachten Schaden vor der mündlichen Verhandlung zu beseitigen oder zu verringern.
  • Vor Eröffnung der mündlichen Verhandlung wirksame Maßnahme einzuführen zur Vorbeugung und Entdeckung von zukünftigen Straftaten.

Welche Vorraussetzungen muss ein Compliance Officer erfüllen bzw. welche Funktionen stehen ihm zu?

Es handelt sich um ein Organ der juristischen Person mit Autonomie und eigener Initiative bzw. welcher mit Funktionen der internen Aufsicht beauftragt ist.

Der Compliance Officer trägt in seiner Eigenschaft als unabhängiger Experte (basierend auf seiner Autonomie) wichtige strafrechtliche Verantwortung. Er handelt im Zusammenhang mit der Aufsichtpflicht der Geschäftsführer, als deren Delegierter. Daher hat er ausreichende Unterlagen zum Nachweis der Erfüllung seiner Aufgaben vorzulegen:

  • Kontinuierliche Analyse der Risiken der Nichterfüllung (die bereits bestehenden sowie etwaige neue Situationen).
  • Identifikation der Kontrollmaßnahmen zur Vorbeugung der Risiken zur Nichterfüllung.
  • Sammeln von Unterlagen/Beweisen der Erfüllung der Kontrollmaßnahmen (falls Möglichkeit mit “Time Stamp”). Dadurch wird die Integrität garantiert und ein Nachweis erhalten.
  • Beweise sind an einem sicheren Ort aufzubewahren.

Der Compliance Officer muss 1) bereit sein seine Handlungen auf eigene Initiative durchzuführen; 2) Zugang zum Personal des Archivs der Firma zu haben; 3) die Möglichkeit haben direkt mit dem Führungsorgan zu kommunizieren.

Welche Vorteile bringt für unserer Unternehmen die Einführung eines Compliance Programms?

  • Es ist ein weiteres Merkmal zur Kundgebung des Prestiges einer Firma, die ein klares Bild und Transparenz von sich gibt.
  • In einigen Fällen ist es eine Voraussetzung zur Teilnahme an öffentlich- oder privatrechtlichen Vergabeverfahren.
  • Mildert das Risiko des Begehens von gesellschaftsrechtlichen Straftaten.
  • Bedeutet die Einschätzung, a priori, von strafrechtlichen Risiken der Firma.
  • Identifikation und Aufsicht zur Minderung von Risiken bzw. Maßnahmen zur Vorbeugung von Straftaten, die anders unbeabsichtigt bleiben würden.
  • Befreiung / Milderung der strafrechtlichen Haftung
  • Handlungsprotokolle der Firma bedeuten bessere Fähigkeiten um Zwischenfälle zu lösen.
  • Verbessert die Effizienz und Wirksamkeit der Organisierung in allen Aspekten der internen Kontrolle und Compliance.
  • Verbessert die Unternehmenskultur in der Firma
  • Erhöht das Vertrauen von Interessenvertretern.

Die Einführung eines Compliance Programms macht unseren Betrieb stärker und wirksamer, sowie bringt auch mehr Transparenz, was das Vertrauen der Märkte stärkt und, natürlich, die Befolgung des Strafgesetzbuches garantiert.

 

 

Vilá Abogados

 

Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an:

va@vila.es

 

9. Oktober 2015